Leseprobe

14 Graustufen schaffen eine perfekte Bildatmosphäre. Die Fotografin Christine Starke äußert dazu: »Schwarz-Weiß-Fotografie ist seit Beginn meiner Arbeit als Fotografin das zentrale gestalterische Mittel für mich. Dieser Abstraktionsschritt im Verzicht auf die Farbe konzentriert den Blick auf die Form oder den Ausdruck, je nach dem, um welches Motiv es sich handelt [. . .]. Der Film kommt aus der Entwicklung und die Bilder werden zum ersten Mal sichtbar – das sind magische Momente. Und mitunter Überraschungsmomente, wenn bestimmte Aspekte sichtbar werden, die ich vorher nicht erwartet oder geplant hatte.«10 Die Fotografien von Christine Starke gehen weit über den reinen Wiedergabewert hinaus. Sie verbinden die sachlichen Objekte hervorragend mit den subjektiven Zügen der Menschen. Gleichzeitig ist jedes Bild ein ästhetischer Genuss. Die Momentfotografien sind Zeitzeugen und haben ihren völlig eigenen Klang. Die 1951 in Dresden geborene Christine Starke ist seit 1985 freischaffend und seitdem mit und ohne Kamera in Dresden unterwegs und konstatiert sowohl Zustand als auch Veränderung der Dresdner Straßen, Quartiere und Gebäude. Nach Aufnahmen vom Festspielhaus Hellerau, dem Schlachthof im Ostragehege und einer Gründerzeitfabrik im Triebischtal hat sie auch den Umbau des Erlweinspeichers am Dresdner Elbufer fotografisch dokumentiert.11 Christian Borchert sprach einst von der »Fotografie gegen das Verschwinden«.12 Starke hat mit diesen Fotos einen entscheidenden Beitrag dazu geliefert, die Geschichte, das Stadtbild, die Architektur in unseren Köpfen zu bewahren und deren Veränderung annehmen und akzeptieren zu können. Genauso nähert sie sich auch den Personen. In ihrer jüngsten Serie zu selbstständigen Frauen in der Dresdner Neustadt13 beweist sie ihr Feingefühl sowohl gegenüber den Porträtierten als auch dem sie umgebenden Arbeitsbereich. Abschluss Was letztendlich allen Objekten des Projekts »Beziehungsspiegel« gemein ist: Sie sind außergewöhnliche Kulturdenkmale, die ökonomisch keinen Gewinn bringen, aber zur besonderen Identität der Stadt beitragen. Sie sind zumeist landschaftsgestaltende, personengeschichtlich bedeutende oder auch künstlerisch äußerst wertvolle und wegweisende Objekte. Aufgrund der Unwirtschaftlichkeit stehen diese Denkmale nicht im Zentrum des allgemeinen Sanierungsgeschehens und sind auf den Enthusiasmus und Mut der einzelnen Menschen angewiesen. Besonders neben den touristischen »Leuchttürmen« der Baukultur in der Kunststadt Dresden wird dieser »Nebenschauplatz« im kommunalen Organismus nicht nur zum reizvollen Kontrast, sondern rundet das Bild der prosperierenden Großstadt des 21. Jahrhunderts geradezu ab. Das Projektergebnis beinhaltet Aussagen über die Bauwerke, die Bewahrung, Veränderung und Fortschreibung der Kulturdenkmale sowie die sozialen Zusammenhänge und ist damit ein wichtiges Zeitdokument für die Zukunft. Die Fotografien eröffnen darüber hinaus ein völlig neues Thema innerhalb der Dokumentationsfotografie, das Akteure und Objekte gleichberechtigt »in den Vordergrund« stellt. Dank Vor allem gilt mein Dank der Fotografin Christine Starke, die die Fotografien mit größter Sensibilität und Hingabe erstellt hat. Auch wenn immer wieder deutlich wurde, dass der Spagat zwischen Personen- und Objektfotografie äußerst herausfordernd ist und einiger innovativer Lösungen bedarf, hat sie jedem Foto eine eigene Note verliehen. Genauso gilt der Dank allen Fotografierten, die uns Einblick in ihre privaten Bereiche gewährt haben und uns damit offen an ihrer Geschichte teilhaben lassen. Das Projekt wäre nicht  S. 32 | 33

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