Leseprobe

161 Versammlungsfreiheit wieder eingeführt, die Kritiker:innen Plattformen bot und diese für die Regierung unkontrollierbar machte. Die sich fortschrittlich ausrichtende KSČ geriet öffentlich in die Kritik, da die wiedererlangten Freiheiten der Bevölkerung eine ganze Welle von Forderungen nach Demokratisierung in Gang brachten, denen die Regierung nicht gänzlich nachkommen wollte und konnte. Durch die Entwicklungen in der Tschechoslowakei alarmiert, begann die Sowjetunion, eine Gefahr für die eigene Regierungssouveränität zu wittern, die möglichst unter Kontrolle gebracht und, wenn nötig, bekämpft werden sollte. Nachdem Forderungen und Drohungen an Dubček nicht ausreichten, suchten die Staaten des Warschauer Paktes nach Gründen, die einen militärischen Einmarsch in die Tschechoslowakei legitimieren könnten. Schließlich sollten sowjettreue Parteiangehörige einen Putsch ausüben und in der Nacht zum 21. August die Regierung übernehmen, den Einmarsch der Truppen als befürwortet deklarieren und damit die Rückführung der Tschechoslowakei in die Regularien der sozialistischen Staatsführung einleiten. Nachdem der Putsch ausblieb, die Truppen allerdings trotzdem die Landesgrenzen überfuhren, verkündete das Präsidium der kommunistischen Partei schriftlich die Verurteilung der unrechtmäßigen Invasion sowjetischer Truppen und verlas sie im öffentlichen Rundfunk.11 In der DDR stationierte sowjetische Spitzeneinheiten fingen bereits um Mitternacht an, die Invasion einzuleiten, nachdem ihnen Grenztruppen der DDR dies ermöglicht hatten. Gleichzeitig landeten erste Flugzeuge auf den Flughäfen des Landes und begannen damit, Panzer abzuladen, die in die Städte einrückten. 31 / Josef Koudelka, Hinter der Maschinenfabrik ČKD-Praga, Richtung Hloubĕtín, 1968

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