Leseprobe

Zwischen Avantgarde und Repression. Tschechische Fotografie 1948–1968 ist einem international bedeutenden Kapitel der Fotogeschichte unseres Nachbarlands gewidmet. Die Jahre nach dem sozialistischen Februarumsturz 1948 waren von drastischen staatlichen Repressionen wie der Auflösung von Künstlergruppen, der Kollektivierung von Ateliers oder Publikationsverboten geprägt. Es folgte eine kurze, weit über die Grenzen der Tschechoslowakei hinaus wirkende Phase der Liberalisierung, die mit der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 allerdings ebenso abrupt wie gewaltsam endete. Ungeachtet dessen knüpfte die tschechische Fotografie nach 1945 stärker als irgend sonst an die avantgardistische Tradition der Zwischenkriegszeit an. Dies belegen die Werke von Josef Sudek, Vilém Reichmann, Emila Medková, Jan Svoboda und Josef Koudelka, die im Mittelpunkt von Ausstellung und Katalog stehen, beispielhaft. Die Leihgaben aus dem Kunstgewerbemuseum Prag, der Mährischen Galerie Brünn und der Sammlung Siegert (München) vereinen Hauptwerke der fünf Fotograf:innen mit hierzulande weitgehend unbekannten Entdeckungen. Neben poetischen, das jeweilige Motiv künstlerisch abstrahierenden Fotografien finden sich eindringliche Dokumente der Zeitgeschichte. Insgesamt ergibt sich so ein vielfältiges und überraschendes Bild der tschechischen Fotografie nach dem Zweiten Weltkrieg. Zusätzlich zum umfangreichen Katalogteil vermitteln die Beiträge von tschechischen und deutschen Fotohistoriker:innen einen lebendigen Eindruck von den kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen der Zeit. SAND ST E I N

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