Leseprobe

Der Flügelaltar in der Jakobikirche Chemnitz 29 Abb. 8 Chemnitz, Stadtkirche St. Jakobi, Flügelretabel aus der Johanniskirche: linker Klappflügel, Festtagsseite, unteres Bildfeld mit Franziskus(?), Alexius und einem Bischof sowie Vater und Söhnen der Stifterfamilie (Zustand nach der Restaurierung, 2014). Abb. 9 Chemnitz, Stadtkirche St. Jakobi, Flügelretabel aus der Johanniskirche: rechter Klappflügel, unteres Bildfeld mit der Dar­ stellung von Katharina, Margarethe und Barbara sowie Mutter und Töchter der Stifterfamilie, Zustand vor der Restaurierung (2013). Die von Hentschel erwähnten weiblichen Heiligen auf dem unteren Feld des linken Flügels sind in Wahrheit drei männliche Heilige: der Handhaltung und Kleidung nach Franziskus, Alexius mit einer Treppe und ein heiliger Bischof, dessen Attribut leider nicht mehr zu erkennen ist. Außer bei Hentschel, in dessen Rekonstruktionszeichnung die Figuren skizziert wurden (vgl. Abb. 1) , 21 und bei Sandner 22 wird die Stifterin auf dem rechten Flügel nicht erwähnt. Die männli­ chen Mitglieder der Familie auf dem linken Flügel fanden bisher überhaupt keine Erwähnung. Leider ist der Familie kein Familienwappen beigegeben, sodass das Paar mit drei Söhnen und zwei Töchtern anonym bleibt (Abb. 8, 9) . Es ist also an­ zunehmen, dass es sich, zumindest bei den Malflügeln, um eine private Retabelstiftung handelte, wobei unsicher ist, ob diese tatsächlich für die Johanniskirche bestimmt war. In der Johanniskirche sollen vor der Reformation vier Altäre gestan­ den haben: ein Marienaltar, ein St. Johannisaltar, ein St. An­ dreas-Altar und ein St. Erasmus- und Barbara-Altar. 23 Außer­ dem ist bekannt, dass beispielsweise das 1481 gegründete Franziskanerkloster großen Zulauf hatte und auch nach 1500 noch Stiftungen und Zuwendungen von Chemnitzer Bürgern erhielt. Von den Geistlichen in der Stadt wurden die Franzis­ kaner jedoch mit Argwohn betrachtet. 1487 wird erwähnt, dass die Franziskanerkirche der Johanniskirche »viel Schaden getan, weil viele vorher an den Feyertagen nach Johannis ge­ gangen, welches nach der Erbauung des Klosters nicht mehr geschehen.« 24 Als die Franziskaner 1540 die Stadt verlassen mussten, blieb ihre Kirche ungenutzt und wurde 1543 einem Hauptmann Pfefferkorn als Wohnung und Garten überge­ ben. 25 Zum Verbleib der Ausstattung der Klosterkirche finden sich in den Chroniken keine Informationen. Vor der 1970 erfolgten Aufstellung in der Jakobikirche wur­ den alle Teile im damaligen Institut für Denkmalpflege restau­ riert. Zunächst war die Wiederaufstellung der Teile in der Jo­ hanniskirche geplant gewesen. Erst im Laufe der Arbeiten wurde entschieden, den Flügelaltar der Jakobikirche zu über­ lassen. 26 Wie 1968 während der Restaurierung entstandene Aufnahmen zeigen, haben beide Flügel jeweils auf der linken Seite Zapfenbänder, die möglicherweise von der Ausstellung im Museum des Geschichtsvereins stammen. Der untere Rahmen­ schenkel des rechten Flügels fehlte schon 1918 (Abb. 10) . Die Skulpturen wurden bereits ab 1957 restauriert. Dabei sind die Übermalungen weitestgehend entfernt und die freige­ legten Farbschichten gekittet und retuschiert worden. An den Tafeln fanden offenbar bis auf die Ergänzung der fehlenden Rahmenleiste und eine Oberflächenreinigung keine weiteren Maßnahmen statt. Der Zustand der Tafelinnenseiten entspricht dem nach der Freilegung von 1918. Die Versehrungen in der Malerei des rechten Flügels und des oberen Feldes des linken Flügels sind mit hoher Wahr­ scheinlichkeit auf die damaligen Freilegungsmethoden zurück­ führen. Viele Lasuren sind verputzt, teilweise reichen die Ver­ luste bis auf die Vorzeichnung. Besonders Konturen, die auf den Vergoldungen liegen, sind versehrt. Vermutlich ist dieses Schadensbild technologisch bedingt, da Farben auf der polier­ ten Vergoldung meist schlechter haften. Im unteren Feld des

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