Leseprobe

Zwar hatte die Landschaft als Gegenstand der Malerei bereits im Laufe des 18. Jahrhunderts in Kunsttheorie und Ästhetik eine Aufwertung erfahren, doch in den Lehrplänen der zum Teil erst wenige Jahrzehnte zuvor gegründeten Kunstakademien musste sie sich noch etablieren. Lessing hatte in Berlin Unterricht bei Samuel Rösel erhalten, der vor allem mit gezeichneten Landschafts- und Architekturdarstellungen auf Ausstellungen vertreten und als Zeichenlehrer tätig war. Sicherlich ebenso folgenreich für Lessing und seinen Zugang zur Landschaftsmalerei war das gut vernetzte Berliner Umfeld. So hatte ihn etwa Ferdinand Sohn an Schadow vermittelt, für den er »einige Studien des bekannten Landschaftsmalers« Heinrich Reinhold kopieren sollte, die sich im Besitz des Akademieprofessors Karl Wilhelm Wach befanden.8 Reinhold wiederum gehörte zu einer neuen Generation von Landschaftsmalern, für die das Nachdenken über die Farbgebung eines Bildes eine herausragende Rolle spielte – und er war in Künstlerkreisen bekannt für seine Ölstudien.9 Vermutlich hat Lessing für Schadow also keine Zeichnungen, sondern Ölstudien Reinholds kopiert. Dieser Hinweis ist ebenso für Schirmers Ölstudienpraxis relevant, setzte er sich doch seinerseits als Kopist mit den von Lessing angefertigten Kopien nach Reinhold auseinander.10 Die Situation in Berlin deutet an, dass sich die angehenden Künstler ihre Fähigkeiten als Landschaftsmaler im Selbststudium aneignen mussten. Das verdeutlicht auch ein Blick an die Dresdener Akademie, an der Abb. 3 | Johann Wilhelm Schirmer Eine Waldgegend: Landschaft nach eigener Erfindung (»Deutscher Urwald«) 1828, Öl auf Leinwand, 90× 141 cm Krefeld, Sammlung Amendt

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