Leseprobe

175 Originalmatrikel an, dass die Rektoren ihre Amtszeiten notierten und die Studenten sich selbst in die Matrikel einschrieben, worauf dialektale Eigenheiten der Einschreibungen hinweisen.37 Die Akademie-­ Matrikel enthält ferner das Inskriptionsdatum in Form des gregorianischen Kalenders, teilweise in latinisierter Schreibweise, sowie Namen und Angaben zur regionalen Herkunft der eingeschriebenen Personen, zumeist in Form von Herkunftsregionen oder konkreten Ortschaften.38 Teilweise sind Hinweise zum Studiengang und auch zu Altersangaben enthalten.39 Manchmal erfolgen ergänzende Hinweise zu Sterbedaten40 oder aber zu besonderen Lebenswegen oder -umständen.41 Außerdem schrieben sich manche Studenten offenbar nur kurz an der Hohen Landesschule und ohne ernste Studienabsichten ein.42 Daneben gab es auch Empfehlungen für Studenten vonseiten einiger Professuren.43 Angaben zu Immatrikulationsgebühren, Verwandtschaftsverhältnissen, zum sozialen oder beruflichen Stand finden sich in der Akademie-Matrikel nicht. Die Eintragungen erfolgten vorwiegend in lateinischer Sprache, seit dem frühen 19. Jahrhundert zunehmend auch auf Deutsch. Reguläre Exmatrikulationen wurden nicht vermerkt.44 Deshalb ist es problematisch, Aufenthaltsdauer und Studienzeit der Besucher oder absolute Studentenzahlen zu ermitteln45. Das Lehrpersonal sowie die sogenannten Universitätsverwandten (»cives academici«), das heißt die Familienmitglieder und das Personal der Professoren, Sprach- und Exerzitienmeister, Apotheker, Buchdrucker, Pedellen und so weiter sind ebenso nicht verzeichnet.46 Man sollte also die Akademie-Matrikel generell nur mit kritischer Vorsicht heranziehen. Dies zu beachten ist umso wichtiger, da die in latinisierter Fassung vorliegenden Personennamen und Ortsangaben in vielen Fällen schwer zu interpretieren oder zuzuordnen sind, weshalb vor allem bei Letzteren als kleinster gemeinsamer Nenner nur exakt identifizierbare Herkunftsangaben erhoben wurden.47 Zudem darf nicht immer davon ausgegangen werden, dass alle Studierenden in der Matrikel zu finden sind. Wir haben es also bei den folgenden Zahlen allenfalls mit Annäherungswerten zu tun. All diese Einschränkungen sollten bei den folgenden Ausführungen im Hinterkopf behalten werden. Schauen wir uns nun zunächst die Einschreibefrequenz der Hohen Landesschule an.48 GRAPHIK 2 Frequenzverlauf Hohe Landesschule (nach Philipp Braun: Illustris Scholae Hanoviensis leges et album civium academicorum inde ab anno 1665 usque ad annum 1812, Bd. 1 und 2, Hanau 1895). DIE EINSCHREIBEFREQUENZ AN DER HOHEN LANDESSCHULE ZWISCHEN 1665 UND 1812 Deutlich erkennbar ist der stetige Abfall der Einschreibezahlen von 1665 bis 1812.49 (GRAPHIK 2) In den Jahren der Neugründung der Akademie litten die Einschreibungen nach einer fulminanten und nie wieder erreichten Zahl von 38 Inskribierten vor allem unter den innenpolitischen und innerfamiliären Auseinandersetzungen im Rahmen der Herrschaft Friedrich Casimirs.50 Haben wir es anfänglich noch mit einer durchaus hohen und stabilen Einschreibepraxis zu tun (ø 17 Studenten), die im Rahmen der Bemühungen um ein Universitätsprivileg am kaiserlichen Reichshofrat am Ende der 1660er Jahre zu beobachten ist,51 fluktuieren die Zahlen dann aber ab dem »Staatsstreich« gegen Friedrich Casimir 1669 erheblich, um mit dessen eigentlicher Absetzung durch die Familie ab 1680 einzubrechen (ø 13 Studenten). Die Zahlen verbleiben während der Vormundschaftsregierung für Philipp Reinhard (1664– 1712) bis 1687 niedrig und tendieren sogar gegen null (ø fünf Studenten).52 Erst mit seiner Regierungsübernahme stiegen die Zahlen sprunghaft an und blieben bis zum Ende der Herrschaft Johann Reinhards III. (1665–1736) stabil.53 Im Schnitt kamen in den Jahren

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