Leseprobe

195 Stadtmuseum& Sonstige Zu sehen ist die größte Sammlung historischer Schienenfahrzeuge in Thüringen, rund 30 Lokomotiven, die teilweise funktionsfähig sind, teilweise nur noch rollfähig und teilweise als Schaustück bezeichnet werden. Sie stammen schwerpunktmäßig aus Reichsbahnzeiten und umfassen vorwiegend Diesel- und Elektro-Loks, aber auch Vorkriegs- fahrzeuge, darunter zwei Dampfloks (von 1938 und 1944).43 Wichtige Einzelstücke sind die Lokomotiven der Baureihen 219 (alte Numme- rierung 119), sogenannte U-Boote (wegen der runden Seitenfenster), und der Baureihen 232 (alte Nummerierung 130), sogenannte Ludmil- las, auch als Taigatrommel bezeichnet – wegen ihrer Herstellung in der Sowjetunion und wegen ihres hohen Lärmpegels. Daneben sind zahlreiche Personen- und Güterwagen zu sehen, unter ersteren auch Schlafwagen und Speisewagen (Mitropa), außerdem Straßenbahnen, darunter Tatra-Wagen aus Prag, die bis 2014 in der Erfurter Innenstadt fuhren und dann ausgemustert wurden, weil sie nicht barrierefrei zugänglich sind. Das Gelände ist Eigentum des Vereins, die Fahrzeuge sind teilweise Leihgaben der Deutschen Bahn und anderer Unternehmen. Alle Fahr- zeuge stehen auf Schienen, welche rechtlich den Charakter einer Anschlussbahn haben, also eines eigenen Eisenbahnunternehmens; sie sind mit dem allgemeinen Schienennetz über ein Gleis verbunden, das bei Sonderfahrten genutzt wird. Mehrmals im Jahr finden Eisen- bahnfeste statt (Ende Mai, am ersten Augustwochenende und zum Zwiebelmarkt am zweiten Oktoberwochenende). Die kulturelle Modernisierung Weimars in der Zeit nach Goethes Tod durch Erinnerungskultur ist nicht zu trennen von der gleichzeiti- gen Industrialisierung, im Besonderen der Geschichte der Eisenbahn als grundlegender Infrastruktur, die die Voraussetzung des modernen Fremdenverkehrs, ja der modernen Gesellschaft überhaupt, bietet. Das entscheidende Datum– die Eröffnung des Weimarer Bahnhofs am 19. Dezember 1846 und der Anschluss Weimars an die Thüringer Stammbahn – fällt zeitlich nahezu zusammen mit der Eröffnung des Schillerhauses (s. Schillerhaus mit Schiller-Museum). Dieser Umstand ist zufällig, gleichwohl von nicht zu unterschätzender Bedeutung für die Entwicklung Weimars als Kulturstadt und als Ziel des bis in die 43 Der Begriff Reichsbahn bestand noch jahrzehntelang nach dem Untergang des Deutschen Reiches und bezeichnet die Eisenbahn in der Sowjetischen Besatzungszone und in der DDR bzw. in den fünf neuen Ländern bis ins Jahr 1993, als Reichsbahn und Bundesbahn zur Deutschen Bahn AG vereinigt wurden. Durch die Fortfüh- rung des Namens, der zuerst 1920 eingeführt worden war, hat die DDR ihren Anspruch auf den Betrieb des S-Bahn-Netzes in Westberlin unter- mauert.

RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1