Leseprobe

254 Großstadt Plauen – Kaiserreich, Weimarer Republik, »Drittes Reich« nenstraße siedelte sich in den drei- bis vierstöckigen Ziegelhäusern im Stil der 1890er-Jahre eine Stickerei- firma neben der anderen an. Die Kaiserstraße ent­ wickelte sich zu einer der Prachtstraßen der Stadt. Jen- seits der Bahnlinie etablierten sich an der Wieland- straße weitere große Stickereibetriebe, und rechts der Pausaer Straße entwickelte sich das langgezogene, schmale Haselbrunner Geschäfts- und Wohnviertel, das sich bis zum Dorf Haselbrunn erstreckte. Neben eher kleinen und mittleren Stickerei- und Spitzenfirmen siedelten sich binnen kurzer Zeit große Betriebe verwandter, bis dahin in Plauen nicht vertre- tener textiler Industriezweige neu in dem Gebiet an. Das waren Hersteller von Tüll- und Webspitzen, von denen die Tüll- und Gardinenweberei AG (1906), die Vogtländi- sche Spitzenweberei (1907) und die 1910 errichtete Plauener Baumwollspinnerei AG die wohl augenfälligs- ten waren. Stadteinwärts entwickelte sich das Areal West-, Lüt- zow- (Friedrich-Engels-), Ziegel-, Windmühlenstraße, dazu Gottschald-, Reichs- und Bärenstraße zu einem geschäftigen Quartier, das zu einem der Nervenstränge der Plauener Industrie wurde. Bewegung in die Entwick- lung des bis dahin eher locker bebauten Plauener West- ends kam vor allem im Zusammenhang mit dem Kaser- nenneubau für das 10. Sächsische Infanterieregiment Nr. 134, mit dem ein erster wesentlicher Schritt zur Wie- dererrichtung der Garnison gemacht worden war. Wie in Haselbrunn bildete sich auch im Westend mit Ansied- lung der Vogtländischen Tüllfabrik AG (1906), der Deut- schen Gardinenfabrik AG (1910), beide an der Roon- straße (Louis-Ferdinand-Schönherr-Straße), und der AEG-Glühlampenfabrik an der Parsevalstraße (1910) ein aus großen Fabriken bestehender, neuer und leistungs- fähiger Industriekomplex. In der Oberen Aue wuchsen westlich und östlich der sich auf dem schmalen Terrain zwischen Elster und Bahntrasse ständig ausdehnenden Vogtländischen Ma- schinenfabrik AG neue Betriebe, darunter die Plauener Kunstseidenfabrik AG an der Leuchtsmühle (1909). Die das Elstertal seit Langem beherrschenden und schon einmal in den 1880er-Jahren im Zusammenhang mit dem Siegeszug der Ätzspitze erheblich erweiterten großen Appretur-Anstalten dehnten ihre vor allem im Dienste der Spitze stehenden Anlagen gewaltig aus, neue kamen dazu. Dem Betrachter bot sich bald das Bild einer Industriestadt, in der sich entlang der Elster Schornstein an Schornstein reihte. ⑪ Vomag, Druck­ maschinenhalle, 1912 Vogtländische Maschinenfabrik A.-G. Plauen i. V. Stickmaschinen 1881–1912, Plauen 1912, Repro Heino Strobel

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