Leseprobe

242 Plauen im Sozialismus Jugendtanz und Diskokultur Es ist nicht falsch zu sagen, dass in der DDR das Tanzen ebenfalls staatlich koordiniert wurde. Der »Jugendtanz« geriet Ende der 70er-Jahre zu einem vordringlichen Thema städtischer Jugendarbeit. Oberbürgermeister Dr. Norbert Martin sah hier 1981 »die größten Probleme« und forderte mehr Angebote. Die Planung des Jugend­ tanzes oblag einer gleichnamigen Koordinierungs­ gruppe beim Stadtrat für Kultur, deren Aufgabe es war, Betriebe und Einrichtungen anzuhalten, regelmäßig Jugendtanzveranstaltungen vor allem an den Wochen­ enden anzubieten. Gerade die Betriebe waren mit ihren räumlichen und personellen Kapazitäten in der Pflicht. So fanden beispielsweise 1977 in ganz Plauen 374 und im Jahr darauf schon 511 Tanz- und Diskoabende statt, die man als »voll ausgelastet« beschrieb. Die Nachfrage war also groß. Im Vergleich zu 1971, als es nur 75 Ver­ anstaltungen dieser Art gegeben hatte, war das eine Steigerung und zugleich eine Tendenz. 1985 fanden im Stadt- und Landkreis Plauen fast 1 500 Tanz- und Disko­ abende statt – in Plauen waren es pro Monat immerhin etwa 50. Dennoch sah nicht nur die FDJ noch »Luft nach oben«. Obwohl versucht wurde, alle größeren Säle – Gaststätten, Speisesäle von Betrieben und Schulen so­ wie Jugendklubs – für Jugendtanz zu nutzen, blieb das Raumproblem bestehen. Anfang der 70er-Jahre gab es in Plauen 14 Disko­ theken und 23 Jugendtanzkapellen. Den Musikern wurde seitens des Rates der Stadt »eine hohe politisch-ideo­ logische Einstellung und kulturell-ästhetisches Kön­ nen« abverlangt. Zu dieser Zeit galten die Kapellen »In­ spiration« und »Reflex« als herausragende Vertreter. Viele dieser Kapellen hatten Trägerbetriebe, so gehör­ ten die Gruppen »Plaugard Rhythmiker« zum VEB Plau­ ener Gardine, die »Universo-Combo« zum VEB Wema und die Gruppe »Plamag Schrammeln« zum VEB Plamag. Auch die Diskosprecher mussten für die Moderation der Tanzabende eine mehrjährige Qualifikation absolvieren, die sie in die »politisch-ideologischen Aufgaben« dieser Tätigkeit einführte. Dass sich diese intendierte politi­ sche Dimension jener Jugendveranstaltungen in den Erinnerungen der Teilnehmer eher selten widerspiegelt, sollte indes kaum verwundern. ⑦ Tanzveranstaltung in der Festhalle im Rahmen des Vierländertreffens der Jugend in Plauen, 1973 Stadtarchiv Plauen

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