Leseprobe

243 »Alle machen mit!« Jugendklubs Um 1980 gab es in Plauen neben dem 1951 gegründeten Jugendklubhaus »Rudolf Hallmeyer« – genannt »Hally« – und der Jugendtanzgaststätte »Eugen-Fritzsch-Heim« (heute »Ranch«) insgesamt 26 Kultur- und Sozialräume sowie Tanzgaststätten für Jugendveranstaltungen – mit einer Kapazität für knapp 5000 Personen. Ein beson­ derer Schwerpunkt der Jugendarbeit lag auf den Ju­ gendklubs. So bemühte man sich, neue zu gründen und ihr Angebot zu verbessern. Diese Räumlichkeiten ge­ hörten überwiegend zu Betrieben oder Einrichtungen des Handels. Das »Hally« fungierte dabei als »politisch- methodisches Zentrum« für die Jugendklubarbeit in Plauen. Die bisherigen Angebote genügten aber bei Weitem nicht den Bedürfnissen der Jugendlichen. Häu­ fig wurde beispielsweise bemängelt, dass es in den seit den 60er-Jahren erschlossenen Wohngebieten an An­ geboten zur Freizeitgestaltung für Jugendliche fehlte, da man solche bei der Planung einfach nicht oder kaum berücksichtigt hatte. Erst beim Neubaugebiet Chriesch­ witz waren Jugendeinrichtungen im Rahmen des »kom­ plexen Wohnungsbaus« von vornherein eingeplant wor­ den. Der dortige Jugendklub in der Dr.-Karl-Gelbke- Straße konnte kurz vor Weihnachten 1985 übergeben werden. Knapp ein Jahr zuvor war mit dem neuen Ju­ gendklub »Seehaus« nach langer Zeit eine Freizeitein­ richtung dieser Art vor Ort geschaffen und damit eine Lücke geschlossen worden. Um 1985 gab es 15 Jugendklubs der FDJ in Plauen, von denen die meisten den großen Plauener Betrieben zugeordnet waren. 12 Einige wurden hauptamtlich gelei­ tet. Einer der in den 80er-Jahren entstandenen Jugend­ klubs war der Klub »Fiedlerstraße« in der Ostvorstadt unter der Trägerschaft des VEB Vowetex. Im Juli 1986 gegründet, hatte er fast täglich geöffnet und sollte auf­ grund seiner Größe vier hauptamtliche Kräfte zugeteilt bekommen; außerdem gab es einen ehrenamtlichen Klubrat, der seitens der Stadt als »äußerst gut enga­ giert und politisch gut motiviert« eingeschätzt wurde. Dieses Modell galt ebenso für andere Einrichtungen dieser Art. 1986 hieß es bei der zuständigen Abteilung Kultur des Rates der Stadt, dass die Klubs durch die FDJ angeleitet werden, aber »die Jugendlichen mit hoher Selbständigkeit die Klubarbeit organisieren« und dabei von den Trägern und staatlichen Organen unterstützt werden sollten. Nicht immer klappte das gut, und wenn – wie etwa im ersten Jahr des Jugendklubs Chriesch­ witz – die Stadt mit der Arbeit nicht zufrieden war, wurde »durchgegriffen«. Immerhin galten die Jugend­ klubs nicht nur als Treffpunkte, sondern waren seit 1975 »Grundorganisationen der FDJ«, die ihren Beitrag zur sozialistischen Erziehung zu leisten hatten. Einige Klubs hatten – je nach Trägereinrichtung – bestimmte Bildungsaufträge. So gab es etwa im Klub »Humanité« des Bezirkskrankenhauses Vorträge zur Gesundheits­ erziehung und der Jugendklub des Museums widmete sich Projekten der Heimatgeschichte. Der Jugendklub mit dem »C« im Namen. Folk, Kunst und Blues im »Club Malzhaus« Mal wieder war es ein kurzzeitig aufgekommener frischer Wind im Vorfeld der X. Weltfestspiele der Jugend 1973, der dem Plamag-Singeklub »Salaspils« im April 1973 überraschend zu einem Proberaum im Kellergewölbe des Plauener Malzhauses verhalf. In den kommenden Monaten reifte die Idee, mehr aus dem historischen Gewölbe zu machen: Es war die Geburtsstunde des »Clubs Malzhaus«. Allein zwei Dinge waren anders als üblich: die englische Schreibweise mit »C« – und die Tatsache, dass dieser Club nicht auf Beschluss von oben, sondern durch Eigeninitiative beherzter junger Menschen gegründet wurde. Bald schon galt der neue Treffpunkt als attraktiv und einmalig in der Stadt und der Andrang wuchs den Malzhäuslern manchmal (O-Ton) »über den Kellerrand«. Das Besondere der Räumlichkeiten hallte im Programm wider: Neben geistig-kulturellen Veranstaltungen wie »Urania«-Vorträgen, Gesprächen mit Musi- kern, Autoren und bildenden Künstlern wie Lothar Rentsch gab es Galerie- und Schallplattenabende – und generell: viel Musik. Außer Folklore und Rock trafen hier Jazz und Blues den besonderen Geschmack. Konzerte der angesagten Plauener Rockband »Inspiration« oder der Greizer Freejazzcombo »Media Nox« waren rasch ausverkauft – und »Vita- min B« von Vorteil, wenn man dabei sein wollte. Manch einer sprach bald abfällig vom »Eliteklub«. Im Club traf sich auch der von Wolfgang Rudloff geleitete, langlebige Zirkel »Kunstbetrachtung«. Eng mit dem Malz- haus verbunden war die dort gegründete Folkcombo »Landluper«. Folkmusik wurde ein Aushängeschild des Clubs und spiegelte auch in Plauen einen Zeitgeist wider, in dem Menschen nach Mitteln suchten, um Fragen des Lebens und der Weltlage auf den Punkt zu bringen, um Melancholie und die Sehnsucht nach Freiheit zu artikulieren. Dass man hier über den Tellerrand schaute, war auch den Behörden aufgefallen: »Obwohl man sich Mühe gab, die üblichen Spielregeln zu bedienen, wurde der Klub argwöhnisch beobachtet«, erinnerte sich ein Mitglied. 11 Das achtjährige Jubi- läum im August 1981 sollte zugleich das letzte werden. Die alternative Szene um das Malzhaus galt längst als »kon- terrevolutionäres Zentrum oder Ansammlung von dekadenten Jugendlichen«. Die Staatsicherheit behandelte es mit einem groß angelegten Operativen Vorgang. Unter dem Vorwand der Baufälligkeit des Gebäudes wurde der »Club Malzhaus« dann 1982 durch die Stadt geschlossen. Nicht wenige wählten daraufhin die Ausreise, andere engagierten sich nun innerhalb des Kulturbundes im neu entstandenen »Jazzklub«, der im März 1989 im Rahmen der »1. Plauener Jazztage« internationale Stars und tolles Flair an die Weiße Elster holte.

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