Leseprobe

73 enteignet. Dippel war nie Mitglied der NSDAP gewe­ sen, als begeisterter Motorradfahrer jedoch im Natio­ nalsozialistischen Kraftfahrerkorps. 2 Er musste inner­ halb weniger Tage mit Frau und Kindern seine Gärt­ nerei und sein Haus verlassen. 1951 kaufte er ein Grundstück am Kirschenweg und startete mit einer eigenen Gärtnerei den Versuch eines beruflichen Neu­ anfangs. Überall in der Stadt hat Dippel landschaftsgestal­ terisch Spuren hinterlassen. Neben vielen öffentlichen Bereichen, so am Bahnhof und am Großen Teich, hat er auch zahlreiche private Gärten gestaltet – der bekannteste ist wohl der des Künstlers Gerhard Altenbourg (vgl. S. 77). Der Landschaftsgärtner Hans Dippel starb 101-jährig 2005 in Altenburg. Karl Dietrich: der Nähmaschinenfabrikant Die Handwerksgesellen Leopold Oskar Dietrich, Hermann Köhler und Gustav Winselmann gründe­ ten 1871 in Altenburg eine Werkstatt zum Bau von Nähmaschinen. Bereits 1873 schied Dietrich aus, um seine eigene Nähmaschinenfabrik mit dem Namen »L.O. Dietrich, Vesta Nähmaschinenwerke Alten­ burg« zu gründen. Ab 1880 befand sich das Fabrik­ gelände an der heutigen Franz-Mehring-Straße und erfuhr eine Erweiterung durch eine eigene Gießerei und eine Möbelfabrik. 1904 verstarb Leopold Oskar Dietrich. Neuer Inhaber der Firma wurde sein ältes­ ter Sohn Karl Dietrich, der das Werk noch einmal vergrößerte. Im Zweiten Weltkrieg wurde in den Vesta Nähmaschinenwerken vorrangig Kriegsmate­ rial produziert. 1946 wurde Karl Dietrich enteignet und starb noch im selben Jahr. Sein einziger Sohn ist im Krieg gefallen. Die Firma war über viele Jahre hinweg der Markt­ führer in der Herstellung von Industrienähmaschi­ nen und der Name L.O. Dietrich aufgrund ihrer aus­ gezeichneten Qualität weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. 3 Der Garten des Nähmaschinenfabrikanten Karl Dietrich Lageplänen aus den 1920er Jahren kann man ent­ nehmen, dass ein großer Teil der Flächen des Privat­ gartens Karl Dietrichs im Bereich Moltkestraße (heute Heinrich-Zille-Straße) und Bismarckstraße (heute Rudolf-Breitscheid-Straße) zunächst eine ehe­ malige Gartenanlage war und dem Zigarrenfabrik­ anten Edmund Schmidt gehörte. 4 Dessen Villa mit Parkgrundstück grenzte an die grünen Parzellen an. Kommerzienrat Schmidt bewohnte seine im italieni­ schen Renaissancestil vom Baugeschäft Frenzel erbaute Villa in der Bismarkstraße bereits seit 1884/85 und hatte seinen Garten, den heutigen Schmitzer Park, bereits 1885 als Waldpark mit besonderen Baumarten anlegen lassen. 1896 wurde in der Bismarckstraße 11a ebenfalls vom Baugeschäft Frenzel eine repräsentative Villa für den Stadtrat Felix Dolch (1867–1908) erbaut. 5 Diese Villa ging 1919 in den Besitz des Nähmaschinenfab­ rikanten Karl Dietrich über. 6 Für ihn plante Gustav Frenzel (1855–1945) auch spätere Veränderungen und weitere Baumaßnahmen auf dem Grundstück. Bereits 1925 wurde ebenfalls durch Gustav Fren­ zel ein Gartenhaus errichtet. Dessen Gestaltung mutet heute noch sehr modern an. Frenzel berich­ tete 1925 gegenüber dem Baupolizeiamt der Stadt Altenburg: »Der Unterbau wird massiv aus Mauer­ steinen in Kalkmörtel hergestellt. Den Oberbau aus Fachwerk bildet das alte bestehende Gartenhaus auf dem Fabrikgrundstück. Die Felder werden mit gestäbten und gespundeten Brettern aus altem Material hergestellt. Die Dacheindeckung erfolgt mit Ruberoid [einer Art Dachpappe].« 7 Zur gärtnerischen Ausgestaltung des unmittelbar an das Wohnhaus Bismarckstraße 11a angrenzen­ den Hausgartens in Verbindung mit den neu erwor­ benen Gartengrundstücken zwischen 1920 und 1928 gibt es bisher keine weiteren Unterlagen. Erste Entwürfe für den Fabrikantengarten von Dippels Hand existieren von 1929. 8 Diese Pläne beinhalten auch die Anlage eines Badegartens und eines Tennis­ platzes, der allerdings nie endgültig fertiggestellt wurde. Zum Schwimmbecken, welches Jahrzehnte

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