Leseprobe

3 schwindigkeiten gelesen klingt dieser zuerst verhalten an, beginnt dann heller zu rauschen, leuchtet auf und stillt das Licht dann weiter im Dunklen. In ihrem unter dem vielsagenden Titel Anatomie der Wolken (2015) erschiene- nen Roman lässt Lea Singer mit dem gesetzt alternden Goethe und dem aufbrausend jungen Landschaftsmaler Caspar David Friedrich die Kontrahen- ten zweier Epochen aneinandergeraten. Ging es dem Hauptvertreter der Weima- rer Klassik darin nur um die analytische Klassifikation und eine Art Illustrierung von Naturerscheinungen aus der Hand eines bildenden Künstlers – insbeson- dere des Himmels und von Wolken –, lag dem leidenschaftlichen Romantiker vielmehr die Einfühlung in die Natur selbst am Herzen. Der von ihm im Buch Angebeteten jedenfalls erklärt er: »Weißt Du, [...] das Größte ist, dass wir in den Wolken träumen können. Egal, wie schlecht die Welt ist und wie böse die Menschen.« 3 CLEMENS OT TNAD Stuttgart, Juli 2019 1 Conny Luley, take a walk in the blue silence, Ausstellung im Schauraum, Kulturverein Provi- sorium, Nürtingen 9. – 30. 7. 2019 2 zit. nach Burkhard Reinartz, Novalis – Die Romantisierung der Welt, Deutschlandfunk 25. 8. 2014 3 Lea Singer (eigentlich Eva Gesine Baur), Anatomie der Wolken, Hamburg 2015, S.253

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