Katalog

6 Norbert Oelsner Die alte Dresdner Elbbrücke – eine kurze geschichtliche und baugeschichtliche Einführung »In den Jahren 1907 – 1909 mußte das älteste Baudenkmal Dresdens, die alte Augustusbrücke, dem neuzeitlichen Verkehr geopfert werden. Damit verschwand ein Bauwerk, das von den frühesten Zeiten her mit der Geschichte Dresdens aufs engste verbunden war und weit über die Grenzen Sachsens hinaus Berühmtheit erlangt hatte. Einst, als die Bogen der Brücke noch bis unter das jetzige Georgentor sich wölbten, hatte sie den Ruhm, die längste Brücke Deutschlands zu sein. Man sagte, die zu Regensburg sei die schönste, die zu Prag sei die stärkste und die zu Dresden die längste. Nach ihrer Erweiterung und Umgestaltung unter August dem Starken durch Pöppelmann 1728 – 1730 stellte sie auch die Schönheit der Regensburger Brücke in den Schatten.« 1 Auf diese einprägsame Weise leitete Willy Nagel seine grundlegende baugeschichtliche Monographie »Die alte Dresd- ner Augustusbrücke« ein, die er 1924 – gefördert durch Cor- nelius Gurlitt – veröffentlichte. Trotz dieser fundierten Darstellung Nagels, in der er die während der Abbrucharbeiten vorgenommenen Befunddoku- mentationen zusammenfasst und mit einer intensiven Auswer- tung schriftlicher Quellen verbindet, geriet die Erinnerung an die großartige alte Elbbrücke als dem ältesten Monumentalbau der Stadt mehr und mehr aus dem allgemeinen Bewusstsein. Der Verlust des einst für jedermann sichtbaren Bauwerkes als historischer Bedeutungsträger führte dazu, dass die Brücke bald auch in ihrer geschichtlichen Wertigkeit und den damit ver- bundenen Fragestellungen von der wissenschaftlichen For- schung nicht mehr oder nur noch stark eingeschränkt wahrge- nommen worden ist. Die wohl letzte, noch die gesamte Problematik mit ihren keineswegs geklärten Fragen – z.B. nach der Bauzeit, der Bauherrschaft, den Bauleuten, dem Bezug zum Landesausbau einschließlich Städtewesen und Verkehr usw. – mit erstaunlichem Scharfblick erfassende Würdigung vor dem Zweiten Weltkrieg nahm 1930 Albert von Hofmann vor. Sein bemerkenswertes Fazit lautete: »Es ist ein noch nicht ganz gelöstes Rätsel, wenn wir an dieser Stelle [in Dresden, der Verf.] den großartigsten steinernen mittelalterlichen Brückenbau finden, den es in Deutschland gibt.« 2 2 Dresden, Stadtansicht mit Elbbrücke von Daniel von Richardi (1715).

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