19 Youval Rotman keitsverhältnis, bei dem mindestens zwei Entitäten voneinander abhängig sind. Dabei kann die jeweilige Abhängigkeit eine ähnliche oder auch ganz unterschiedliche Formen haben. Diese begriffliche Einteilung in Abhängigkeit, Interdependenz und Unabhängigkeit ist keine Selbstverständlichkeit, sondern spiegelt die Art und Weise wider, in der das menschliche Denken Beziehungen – mit Menschen oder anderen Entitäten; individuelle, soziale, wirtschaftliche oder sonstige Beziehungen – generell wahrnimmt. Analog dazu wird Unabhängigkeit als Zustand definiert, in dem keine Abhängigkeit zu etwas oder jemandem besteht. Im modernen Denken gilt dieses Konzept in der Regel als Entwicklungsstadium – beispielsweise im wirtschaftlichen, politischen oder psychologischen Bereich. In den modernen Theorien der Sozialwissenschaften wird Selbstständigkeit sogar als Ziel von Entwicklungsprozessen definiert. So kommt zu unserer Definition von menschlichen Beziehungen (und Beziehungen im Allgemeinen) ein moralischer Aspekt hinzu: Der Zustand der Abhängigkeit wird als negativ angesehen, wohingegen Unabhängigkeit als angestrebtes Ziel betrachtet wird, das man oft mit Freiheit – d. h. der Freiheit von Abhängigkeit – gleichsetzt. Diese Perspektive hat in Wissenschaft und Forschung über Phänomene der Abhängigkeit – besonders in den Sozialwissenschaften – zu einer Ausrichtung auf einen gesellschaftspolitischen Kontext von Machtbeziehungen geführt. Nach allgemeiner Definition bezeichnet Abhängigkeit eine Beziehung zwischen mindestens zwei Entitäten, von denen eine in einer bestimmten Weise von der anderen abhängig ist. Die Natur und letztlich der ganze Kosmos bestehen aus unendlich vielen Abhängigkeitsverhältnissen, wobei die menschlichen Abhängigkeiten besondere Formen darstellen, die mit menschlichen Organisationsformen zusammenhängen. Das Gleiche gilt auch für Interdependenz und Unabhängigkeit. Interdependenz ist ein gegenseitiges oder dyadisches AbhängigABHÄNGIGKEIT – INTERDEPENDENZ – UNABHÄNGIGKEIT
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