50 3 Verkohltes Brot, Boscoreale (Italien), 1. Jahrhundert n. u. Z., Boscoreale, Antiquarium. Durch die große Hitzeentwicklung während des Vesuvausbruchs im Jahr 79 n. u. Z. sind organische Materialien verbrannt und haben sich dadurch zumindest in ihrer Form erhalten können. Dies ermöglicht einen seltenen Einblick in die stark standardisierte römische Brotproduktion unter Verwendung von Teigformen. nicht klar erkennbar ist. Gelegentlich wird jedoch die Mühe der Arbeit durch die gebeugte Haltung der Bauern dargestellt (s. S. 59 Abb. 1). Dies ist jedoch nicht sozialkritisch zu verstehen, sondern entweder als Ausdruck von Stolz auf die harte Arbeit oder als visuelles Mittel zur Unterstreichung der Macht der Auftraggeber der Bilder, welche in der Regel Landbesitzer oder für die Eintreibung der Pachten bzw. Steuern zuständige Beamte waren. Der aktuelle Krieg in der Ukraine verdeutlicht die Fragilität der Abhängigkeit von Nahrungsressourcen, da die Störung von Ernten und die Unterbrechung der Transportwege weltweite Versorgungsengpässe von Weizen zur Folge haben (Abb. 4). Die Sicherung des Agrarlands und der Handelswege war daher zu allen Zeiten eine zentrale Aufgabe zumeist staatlicher Institutionen. So war ein wichtiger Aspekt der Herrschaftslegitimation der russischen Zaren seit dem 16. Jahrhundert die Sicherung der Getreideversorgung und die ausreichende Speicherung der Vorräte (S. 97). Im antiken Athen des 5. Jahrhunderts v. u. Z. konnten Händler, die trotz des Kriegs ausreichend Weizen lieferten, die Ehrenbürgerwürde erhalten. Im Rom des 1. Jahrhunderts v. u. Z. beruhte z. B. der politische Aufstieg des Feldherrn Pompeius nicht zuletzt auf seinen Siegen gegen die Piraten, die im Mittelmeer die Handelsrouten empfindlich störten. Die Lagerung von Getreide ist von großer Bedeutung für die Versorgung der Bevölkerung und zumeist eine Aufgabe der öffentlichen Hand beziehungsweise von Herrschern, aber auch von Großgrundbesitzern oder Händlern. Die Kontrolle über die Speicherung und die Verteilung der Vorräte nach dem Prinzip der Redistribution bildete sowohl bei den Maya als auch im Vorderen Orient oder in Ägypten einen wichtigen Faktor bei der Etablierung asymmetrischer Abhängigkeitsverhältnisse. Emblematisch ist die Josefsgeschichte im Alten Testament (s. S. 98), bei der der versklavte Josef den Traum des Pharaos von den sieben fetten und den sieben mageren Kühen als eine Folge von sieben ertragreichen und sieben Hungerjahren auslegen kann mit dem Ergebnis, dass Josef als Wesir, d. h. als Hauptadministrator Ägyptens, mit der Oberaufsicht über die Kornspeicher betraut wurde und durch die Verteilung Hungersnöte linderte (Abb. 5). Noch in hellenistischer Zeit waren die Getreidespeicher Ägyptens wohl gut gefüllt: So spendete König Ptolemaios III. nach einem Erdbeben im Jahr 227 v. u. Z. in der für ihn
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