Leseprobe

48 In Abhängigkeit von den jeweiligen Umweltbedingungen gab es sehr unterschiedliche Formen des Anbaus. Zudem wurden die Pflanzen kontinuierlich weiterentwickelt, um höhere Erträge zu erzielen. Für den Maisanbau in Mittelamerika – meist in Form von Mischpflanzungen zusammen mit Bohnen und Kürbis – war nur eine geringe Bodenbearbeitung nötig, dafür gab es zwei Ernten pro Jahr. Im Laufe der Zeit wurden künstliche Bewässerungssysteme angelegt und durch Züchtungen die Maiskolben bis auf das Vielfache des ursprünglichen, wild wachsenden Maises vergrößert. In Ägypten war man hingegen seit der Frühzeit auf die Uferrandzonen des Nils und dessen jährliche Schwemme angewiesen, welche die Felder für einige Wochen überflutete. Der fruchtbare Schlamm bildete die Voraussetzung für die Aussaat. Zur besseren Nutzung und Verteilung des Überschwemmungswassers wurden Auffangbecken, Dämme und Kanäle gebaut. Auch der wasserintensive Reisanbau in Asien bedurfte aufwendiger Terrassierungen und Bewässerungssysteme (Abb. 1). Die Weiterverarbeitung des Getreides erfolgte in allen Kulturen zunächst durch handbetriebene Reibeschalen (Abb. 2) oder Mörser für Mais. Je nach benötigter Menge und im Zuge einer Effizienzsteigerung entwickelten die Griechen z. B. Getreidemühlen mit zwei beweglichen Mahlsteinen; in der römischen Republik (2.–1. Jahrhundert v. u. Z.) setzten sich Rotationsmühlen mit großen Einfülltrichtern durch, die durch Esel oder Sklaven im Kreis gedreht wurden (s. dazu S. 61 Abb. 4), um den großen Bedarf der Stadtbevölkerungen decken zu können. Eine echte technologische Revolution bildeten Wassermühlen, die sich im Laufe der römischen Kaiserzeit verbreiteten und eine quasi industrielle Produktion erlaubten. Man schätzt, dass z.B. die im 2. Jahrhundert n. u. Z. errichtete Mühle von Barbegal in Südfrankreich eine Tagesproduktion von bis zu 4,5 Tonnen Mehl erbringen konnte, um das in der Nähe stationierte Militär zu versorgen. Die Endprodukte waren Brote (Abb. 3), Fladen, Brei oder Kuchen; Mais wurde auch zu Getränken, besonders Bier, verarbeitet. Die Verarbeitung der Speisen erfolgte entweder in den einzelnen Haushalten oder im Fall von größeren Städten in Bäckereien oder anderen spezialisierten Betrieben. Allein in der vom Vulkanausbruch des Vesuvs verschütteten römischen Kleinstadt Pompeji lassen sich über 30 Bäckereien unterschiedlicher Größe nachweisen (s. dazu S. 57). Es existiert eine Vielfalt an Akteuren, die an der Produktion der Grundnahrungsmittel beteiligt waren und deren Rolle sich in vielen vormodernen Gesellschaften im Laufe der Zeit veränderte. Überall gab es Kleinbauern, die ihr eigenes oder gepachtetes Land bestellten, um die lokale und 1 Foto, Japan, frühes 20. Jahrhundert. Reis gehört neben Getreide und Mais zu den bedeutendsten Grundnahrungsmitteln der Menschheit. In vielen Ländern Asiens wird Reis auf bewässerten Terrassen angebaut. Das historische Foto zeigt Männer und Frauen in traditioneller Kleidung beim Pflanzen von Reissämlingen.

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