537 Differenzierter fällt das Resultat zu den qualitativen Verkopplungen zwischen der Strukturentwicklung und den topographischen Erfordernissen aus. Festzuhalten ist, dass das MfS bereits in den frühen Aufbaujahren, die noch getragen waren von einer gewissen Aufbruchsstimmung, die räumliche Grundkonfiguration einer Geheimpolizei besaß. Schon die MfS-Residenz mit der Adresse Königsbrücker Straße 123/125 umfasste neben den Dienststuben einen Hafttrakt, eine Garage, eine Werkstatt, eine Tankanlage sowie ein Klubhaus mit Speisesaal. Diese Räume lieferten der BV für ihre Zwecke abgestimmte Nutzungsstrukturen, wenn auch noch in einem bescheidenen Umfang. Es galt, vom Schreibtisch aus organisatorische Abläufe sowie operative Vorgänge zu planen, durchzuführen und zu kontrollieren. Des Weiteren war eine intakte Fahrzeugflotte notwendig, um im Stadtgebiet sowie im Bezirk schnell und unabhängig agieren zu können. Der »Klub« und der daran angeschlossene Speisesaal dienten nicht nur der physischen Bedürfnisbefriedigung, sondern boten gleichzeitig die Möglichkeit des Austausches, der Geselligkeit, der Ausprägung des Korpsgeistes sowie der Weiterbildung bzw. ideologischen Festigung der Mitarbeiter. Dies war notwendig, denn erst das Denken in klaren Freund-Feind-Dichotomien ermöglichte es, dass sich die Dienst- und Versorgungsräume der »Wir-Gruppe« so eng neben den Hafträumen der »Sie-Gruppe« befanden. Auch nach dem Umzug von der Königsbrücker auf die Bautzner Straße während des »Interregnums Harnisch« verband der neu projektierte »Mittelbau« die Dienst- und Repräsentationsräume mit der UHA, und zwar in einem Gebäude. Die Staatssicherheit »umkreiste« mit ihren Dienstgebäuden den festgesetzten politischen Gegner. Die Verzweiflung in den »Verwahrräumen« existierte zeitgleich und in unmittelbarer Nähe zur emotionalen Ausgelassenheit in »Klub« und »Mehrzwecksaal«. Das neue Areal am Elbhang bot nun die potentiellen Raumkapazitäten, um der in den kommenden Dekaden fortschreitenden funktionalen Diversifizierung bei gleichzeitigem technischem Fortschritt baulich entsprechen zu können. Ausgehend von der skizzierten Grundkonfiguration an der Königsbrücker Straße vertieften und verbreiterten sich die Fähigkeiten und Möglichkeitsräume für die Dresdner Mitarbeiter. Grundlage für deren Arbeitsfähigkeit war die infrastrukturelle Zuverlässigkeit der BV. Hierzu galt es, eigene Heizanlagen zu betreiben, dem sukzessiv steigenden Strombedarf durch neu errichtete Trafo-Gebäude zu entsprechen, aber auch größere Werkstätten, Lagerkomplexe (u. a. für Kleidung, Baumaterial und Waffentechnik) und sogar Nahrungsmittelproduktions-Stätten (Gärtnerei und Schweinemastanlage) zu betreiben. Auch der Bereich der Fahrzeugtechnik und Wartung differenzierte sich immer weiter aus. Neben Motorrädern und zivilen PKWs führte die BV in den 1980er-Jahren auch Geländewagen, verschiedene LKW-Typen und Spezialfahrzeuge wie die »Gefangenen11 Die BV entwickelte sich innerhalb dieses Prozesses immer mehr zu einer »Männerdomäne«. Zu der Rolle von Frauen im Dresdner Apparat vgl. Kapitel 3.1.2.c und e sowie die Fallstudien im Kapitel 3.3 und hier insbesondere die Biographie der Abteilungsleiterin RD Hildegard Kleefisch/Groschupf. 12 Vgl. Kowalczuk: Stasi konkret, S. 117 f. 13 Einen Quellenbeleg zur Entscheidung zum Ortswechsel der BV konnte die Studie allerdings nicht erbringen. 14 Vgl. Gieseke: Die hauptamtlichen Mitarbeiter (1996), S. 98. 15 Von 1980 bis 1989 vergrößerte sich die BV Dresden insgesamt um beachtliche 1 076 Mitarbeiter (inkl. OiBE und HIM) von 2 515 auf 3 591 Mitarbeiter. Vgl. Kapitel 3.1.2.c.
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