Leseprobe

536 Fazit Aufgaben und immer weitreichenderen strukturellen Ausdifferenzierungen des MfS kamen durch die verfehlte Politik der SED immer mehr potentielle »Feinde« hinzu, was wiederum Auswirkungen auf die bauliche Entwicklung der BV hatte. Auf der quantitativen Ebene ist festzuhalten, dass sich die BV Dresden in einem kontinuierlichen Prozess der Vergrößerung der Mitarbeiteranzahl (Kapitel 3.1.2) befand, der von kurzen Phasen der Stagnation (1955–57, 1961–63, 1982–83, 1986–89) unterbrochen wurde.11 Denn das Sicherheitsbedürfnis des SED-Staates wurde zu keinem Zeitpunkt gestillt und das Vertrauen in die politische Loyalität der eigenen Bevölkerung gegenüber der staatlichen Führung war nicht gegeben. Allein die Betrachtung des absoluten Wachstums von 712 Mitarbeitern im Jahr 1952 bis zu den 3 591 Mitarbeitern im Jahr 1989 (BV inkl. KD und Objektdienststelle) verdeutlicht einerseits, dass dem beständigen Sicherheitsbedürfnis mit loyalen Sicherheitskräften entsprochen werden sollte und andererseits, welch wachsende Raumkapazitäten Dekade für Dekade für die immer größer werdenden Struktureinheiten neu geschaffen werden mussten. Da für den Großteil der Mitarbeiter der tägliche Arbeitsplatz der Schreibtisch war, wurden hierfür die entsprechenden Bürokapazitäten bereitgestellt. Bereits nach dem Umzug der BV von der Königsbrücker auf die Bautzner Straße im Oktober 1953 wurden durch den neu errichteten »Mittelbau« (Fertigstellung 1954/55) die Anzahl der Diensträume erhöht. Es wird kein Zufall gewesen sein, dass nach den für das MfS12 so traumatischen Tagen um den 17. Juni der Entschluss fiel, durch bauliche Erweiterungen (inklusive eines modernen Hafthauses) am Elbhang die »Schlagkraft« des Dresdner MfS/SfS-Apparates zu erhöhen.13 Die neu entstandenen Diensträume boten nun genügend Platz für eine kontinuierlich wachsende BV, die im Jahr 1955 bereits 1 046 Mitarbeiter zählte.14 Nach dem Rücktritt Ernst Wollwebers im November 1957 und dessen Kaderpolitik des gebremsten Wachstums wurde ab 1958 auch in Dresden wieder umfassender eingestellt. Infolgedessen wurde im Jahr 1959 der »Erweiterungsbau 1« und gut 20 Jahre später, nach dem Wachstumsschub von 1980/81, der »Erweiterungsbau 2« im Dezember 1981 errichtet. Neben dem alten »Heidehof« waren dies die beiden zentralen Verwaltungsbauten der BV Dresden, wobei die drei Objekte entlang der Bautzner Straße spiegelbildlich für die architektonische Entwicklung vom 19. Jahrhundert bis in die Moderne der DDR standen. Der mehrfach umgebaute Ziegelbau (»Heidehof«) wurde an den funktional-schmucklosen »Erweiterungsbau 1« gesetzt, welcher wiederum durch eine futuristisch anmutende Fußgängerbrücke mit dem in Großplattenbauweise errichteten »Erweiterungsbau 2« verbunden war. Baulicher Ausdruck des rasanten personellen Wachstums der BV in den 1980er-Jahren15 waren die Planungen für den sechsstöckigen »Erweiterungsbau 3« mit über 250 Diensträumen für ca. 500 Mitarbeiter. Dieser monumentale Block hätte nicht nur das Kernareal der BV straßenseitig geschlossen, sondern wäre auch ein nach außen hin sichtbarer Ausdruck eines aus den Nähten platzenden Sicherheitsapparates gewesen. Sicherlich hätte es dieser Block vermocht, eine einschüchternde Wirkung auf die Passanten zu erzielen, gleichzeitig wäre er auch Kennzeichen verfehlter Investitionen gewesen, denn der kostspielige Bau passte so gar nicht in die Jahre des volkswirtschaftlichen Niederganges der DDR.

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