Leseprobe

518 Räume Bestehens des MfS ein zentraler Referenzpunkt und Synonym für das eigene Versagen.706 Noch 1989 wurde im Tages-Rapport zum Jahrestag festgehalten: »Keine Vorkommnisse zum 17. Juni«.707 Tief saß die Angst vor einer Wiederholung der Ereignisse, obgleich das MfS in den 1980er-Jahren ungleich besser (auf-)gerüstet war. Denn infolge des Aufstandes wurde der bis dato nur dürftig ausgestattete Staatssicherheitsapparat sukzessive mit erheblichen Anstrengungen militarisiert, was sich schließlich auf die Hauswache auswirken sollte. Noch im August 1953, noch nicht ganz erholt vom Schock der Juni-Tage, betonte Rolf Markert, dass das »Wachbataillon Dresden« »lediglich zum Schutze unserer eigenen Verwaltung und Objekte einzusetzen [sei; H. N.] und nicht wie bisher für die Bewachung von Fabriken und dergleichen«.708 Denn die Erfahrungen des 17. Juni zeigten, dass »die Stärke unserer Hauswache und die der Kreisdienststellen äußerst gering« sei. Weiterhin verwies er auf die unzureichende Ausrüstung des Dresdner SfS. Lediglich 14 Maschinenpistolen waren für die Sicherung der Dienststelle auf der Königsbrücker Straße sowie der 14 KD vorgesehen. Zusätzlich lagen die militärischen Fähigkeiten der Mitarbeiter in den 1950er-Jahren noch weit hinter den Anforderungen. Da bisher zu wenig Munition zum Übungsschießen vorhanden war, bat Markert darum, »dass den Mitarbeitern unserer Staatssicherheit ausreichend die Möglichkeit gegeben wird, sich mit den Waffen zu ihrem persönlichen Schutz vertraut zu machen, wozu ohne Weiteres gehört, dass in kürzeren Abständen Übungsschießen mit Pistolen, Karabinern und Maschinenpistolen durchgeführt werden«.709 Weder der Umfang der Wacheinheit von zuletzt 287 Mitarbeitern710 noch das hohe Niveau der militärischen Ausbildung war Mitte der 1950er-Jahre vorstellbar, was rückblickend die enorme Entwicklung dieses Aufgabenfeldes der BV verdeutlicht. a) Sicherung der BV: Personal, Technik und Baumaßnahmen Das MfS war sich der unter konspirativen Gesichtspunkten problematischen Lage der BV sehr wohl bewusst. In einer Fachschul-Abschlussarbeit von 1980 wurde die Situation des Areals gezielt angesprochen: Es handle sich um ein eng begrenztes Territorium mit einem geschlossenen Gebäudekomplex bestehend aus eigenen und »befreundeten« Dienstobjekten, Parkplätzen sowie Wohnblöcken. Hierbei bestehe das Problem einer gewissen Öffentlichkeit, denn »Fernverkehrs-, Haupt- und Nebenstraßen sowie Straßenbahn- und Buslinien«711 führen am Areal der BV vorbei. Des Weiteren werden die anliegenden Straßen »verhältnismäßig stark von Spaziergängern frequentiert, die aus dem gesamten Stadtgebiet von Dresden kommend von hier aus die Dresdner Heide aufsuchen«.712 Ferner seien die beiden Gaststätten »Fischhaus« und »Saloppe« öffentliche Orte. Auch die Nachbarn seien unzuverlässig. Viele hätten »NSW-Verbindungen« und darüber hinaus befänden sich »unter den Objektanwohnern […] Rückkehrer, Zuzügler [und; H. N.] Vorbestrafte«.713 Der internen Fachschularbeit nach seien in der Vergangenheit Personen und ganze Familien aus dem Wohngebiet rund um die BV entfernt wurden, da sie als Unsicherheitsfaktor galten.714 Und eben diese unzuverlässigen Anwohner hätten die Möglichkeit, die Objekte der BV direkt von ihren Wohngrundstücken und im Vorbeigehen einzusehen. Ob diese Angaben gänzlich stimmen, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Viel aufschlussreicher ist das Szenario, in welches sich der knapp 41-jährige Hauptmann Ringel

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