Leseprobe

325 eine hohe Personalfluktuation die Folge.83 Die Zukunft des Sicherheitsapparates lag folglich in der Ausbildung junger Polizeischüler. Damit einher ging der »Bruch mit der deutschen Polizeitradition und einer erfolgreichen sozialen Verankerung in der Arbeiterschaft«.84 Überspitzt formuliert führte die »Revolution von oben« zu einer Proletarisierung des Polizeiapparates und damit des sich entwickelnden MfS.85 Der Preis für diesen personalpolitischen Bruch war eine entstandene Qualifizierungslücke, die auch im sächsischen Dezernat K 5 Anfang 1948 erkannt wurde.86 In internen Schreiben zur Personalsituation wurde festgehalten, dass »Mitarbeiter, die als unqualifiziert zu betrachten sind, anderweitig einzusetzen und an deren Stelle qualifizierte Personen zu gewinnen«87 sind. Da die Personalkontinuität von den K 5-Abteilungen bis hin zum MfS durch diverse Säuberungswellen und Strukturanpassungen nicht allzu groß war – Jens Gieseke geht von nicht mehr als zehn Prozent aus88 –, entstand in der »Sattelzeit« des MfS diese grundlegend neue personalpolitische Ausgangssituation. Die spätere Personalrekrutierung verließ den einmal eingeschlagenen Pfad nicht mehr.89 Durch den Neuanfang im Sicherheitsapparat waren es vor allem die Angehörigen der »KZ-Generation«, welche durch ihre soziale Herkunft den sich entwickelnden Habitus im Apparat maßgeblich und über viele Jahre prägten. 73 Vgl. Feder, Klaus H./Feder Uta: Auszeichnungen im Ministerium für Staatssicherheit der DDR 1950–1990, Rosenheim 1996, S. 47 f. 74 Vgl. Foto mit Losung: BArch, MfS, BV Ddn, AKG Fo 7003, Bl. 9. 75 Vor diesen Lettern saßen die führenden Männer der BV, ein KGB-Offizier und die beiden damaligen Vertreter der SED-BL (Werner Krolikowski und Gerhard Hoffmann), die durch ihre Biographien sowohl das kommunistische Widerstandspotential im NS (etwa der »Moskauer« Artur Hofmann und der KZ-Insasse Rolf Markert) als auch die geläuterten Aufsteiger der »Aufbaugeneration« (Werner Krolikowski und Paul Bormann) repräsentierten. Weitere Losungen, die entweder hinter dem Präsidium oder über dem Eingang des »Mehrzwecksaals« installiert wurden: Im Jahr 1969 »Mitarbeiter der Organe für Staatssicherheit! Erringt weitere Erfolge im Kampf gegen die Feinde des Friedens und des Sozialismus.«, in: Vgl. Foto mit Losung: BArch, MfS, BV Ddn, AKG Fo 7003, Bl. 46. Im Jahr 1970: »Jede Revolution ist nur dann etwas wert, wenn sie sich zu verteidigen versteht.« (Zitat wurde Lenin zugeordnet) sowie »Mit der Sowjetunion vereint – mit der Zukunft verbunden«. Vgl. Foto mit Losung: BArch, MfS, BV Ddn, AKG Fo 7003, Bl. 47. Aus dem Jahr 1971: »Zu Ehren des VIII. Parteitages kämpfen wir weiterhin um hohe tschekistische Leistungen«. Vgl. Foto mit Losung: BArch, MfS, BV Ddn, AKG Fo 7003, Bl. 31. Im Jahr 1974: »Unser Klassenauftrag: Im festen Kampfbündnis mit der Sowjetunion. Alle Kraft für den Schutz des Sozialismus.« Vgl. Foto mit Losung: BArch, MfS, BV Ddn, AKG Fo 7003, Bl. 50. 76 Neben dem Dienstausweis besaßen HIM, Vertragsärzte und Veteranen auch einen olivgrünen »Objektausweis« mit Name, Foto und Unterschrift, welcher den Zugang zur BV erlaubte (»Objekt: Dresden«). Vgl. BArch, MfS, BV Ddn, Abt. KuSch 7213. Bei dieser Akte handelt es sich um eine Sammlung von 102 Objektausweisen, u. a. findet sich der Ausweis des RD-Leiters Günther Gerlach aus dem Jahr 1989 darunter (Bl. 11). Alle Ausweise wurden handschriftlich vom damaligen »KuSch«-Leiter Rudolf Braatz unterzeichnet. 77 Vgl. MfS-Uniform (Objektnummer 1005), in: Objektarchiv der GBSD. 78 Vgl. Feder/Feder: Auszeichnungen im Ministerium für Staatssicherheit, 1996. Vgl. ebenso: Bibliographisches Institut Leipzig (Hg.): BI-Taschenlexikon Orden und Medaillen. Staatliche Auszeichnungen der Deutschen Demokratischen Republik, Leipzig 1983. Vgl. ebenso: Bartel, Frank: Auszeichnungen der Deutschen Demokratischen Republik von den Anfängen bis zur Gegenwart, Berlin 1979. 79 Vgl. Konvolut an MfS-Abzeichen und Realien (Objektnummer 1554), in: Objektarchiv der GBSD. 80 Der Fall eines Oberleutnants der »Abteilung VI« sei an dieser Stelle genannt. Er hat für die Gestapo gespitzelt und war beim »HJ-Streifendienst«. Beide Tätigkeiten hatte er dem MfS bewusst verschwiegen. Nach einem Parteiverfahren wurde er 1958 aus dem MfS entlassen. Vgl. Leide, Henry: NS-Verbrecher und Staatssicherheit. Die geheime Vergangenheitspolitik der DDR, Göttingen 2005, S. 192. 81 Vgl. Gieseke: Die hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit, S. 69 f. 82 Vgl. ebd., S. 73. 83 Vgl. ebd., S. 71 f. 84 Ebd., S. 73. 85 Vgl. ebd., S. 125 f. 86 Vgl. ebd., S. 75 f. Vgl. ebenso: Spors: Aufbau des Sicherheitsapparates in Sachsen, S. 119–122. 87 Landespolizei, Abteilung I 2, Ministerrat H. Heerklotz, 29. 6. 1948: [ohne Betreff], in: BStU, MfS, BV Dresden, KS 25373/90, Bd. 3, Bl. 35. 88 Vgl. Gieseke: Die hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit, S. 78 und 103. 89 Vgl. ebd., S. 123.

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