200 Apparat der BV wurde allem Anschein nach von seinem Chef Horst Böhm geschätzt und machte sich durch seine umfangreichen Erfahrungen nur schwer ersetzbar.692 Die Laufbahnen von Paul Bormann und Hardi Anders verdeutlichen eindrucksvoll, dass die 1. Sekretäre vor Aufnahme ihres parteilichen Hauptamtes umfangreiche operative Erfahrungen besaßen und zugleich anerkannte Geheimdienstoffiziere waren. Für beide war die Funktion des »Ersten« lediglich eine Zwischenstation auf ihrer Karriereleiter. Ähnlich wie bei Paul Bormann war auch die Familie von Hardi Anders beruflich mit dem MfS verbunden – sowohl die Ehefrau als auch die beiden Töchter waren Mitarbeiter. Hardi Anders starb 2020 im hohen Alter von knapp 90 Jahren.693 Dieter Hoffmann (1979–1983) – der aufstrebende KD-Leiter aus Meißen Dieter Hoffmann war der Parteisekretär, welcher den Wechsel von der Ära Markert zur Ära Böhm aktiv begleitete. Der körperlich kleine und eher unauffällige Mann arbeitete ehrgeizig an seiner Karriere im ostdeutschen Sicherheitsapparat694, welche er sich durch parteiliche Weiterbildungen, Loyalität695 und eine Menge Fleiß erschloss. Zwar kam er Ende der 1970er-Jahre im Dresdner »Leitungskollektiv« an, doch konnte er unter Böhm diese Position nicht halten und erlebte den Zusammenbruch des Apparates 1989/90 lediglich aus der zweiten Reihe als Leiter der »Abteilung XI« (Chiffrierwesen) heraus. Der weitere Aufstieg zum »Stellvertreter Operativ«, der für Paul Bormann und Hardi Anders möglich war, blieb ihm verwehrt. Der 1931 geborene Dieter Hoffmann wuchs in der Zeit des Nationalsozialismus auf.696 Er stammte aus Landshut/Schlesien (später VR Polen) und durchlief wie alle seine Vorgänger die achtjährige Volksschule. Aus seiner alten Heimat wurde er als Jugendlicher nach Bautzen »umgesiedelt« und lernte von 1946 bis 1947 in der dortigen Berufsschule.697 Hoffmann stammte aus einfachen, aber »klassenbewussten« Verhältnissen: Der Vater, vor 1933 bereits in der KPD aktiv, arbeitete als Spinner, die Mutter blieb ohne Berufsausbildung. Beide profitierten nach dem Krieg von den neuen politischen Verhältnissen und fanden Arbeit im ostdeutschen Sicherheitsapparat. Der Vater war kurzzeitig Leiter des Bautzner »Volkspolizeikreisamtes« und die Mutter Küchenhilfe im Bautzner Strafvollzug. Auch Hoffmanns ältere Brüder waren nach ihrem Kriegseinsatz in der SED und zeigten sich gegenüber dem neuen Staat loyal.698 Diese familiäre Nähe gegenüber der kommunistischen Weltanschauung und dem jungen Staat dürfte auch Hoffmann maßgeblich geprägt haben: Noch vor der Verschmelzung zur SED trat der junge Dieter Hoffmann mit noch nicht einmal 15 Lebensjahren im Januar 1946 in die KPD ein.699 Im Februar 1947 kam er zur VP in Bautzen, war für wenige Monate bei der VP-Bereitschaft in Leipzig (1949/50) und ging danach wieder zurück nach Bautzen zur dortigen Kriminalpolizei. Bereits bei der VP engagierte er sich als Parteisekretär sowie im Anschluss daran als »Politstellvertreter« in der Abteilung Feuerwehr. Hoffmann hatte durch die Tätigkeiten auf der »Parteistrecke«700 und nach zwei Lehrgängen an der Kreisparteischule in Weifa Erfahrungen sammeln können, wodurch sicherlich sein späterer Einsatz als 1. Sekretär der BV begünstigt wurde. Bereits aus den frühen Beurteilungen geht hervor, dass Hoffmann »einfach, klar und überzeu
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