Leseprobe

84 Apparat aufgelöst. Fortan besaß das sächsische MfS in Chemnitz, Leipzig und Dresden seine Zentralen. MfS-Chef Zaisser ernannte am 24. Juli 1952 Joseph Gutsche zum Leiter der Dresdner BV, die im Herbst 1952 mit 712 Mitarbeitern die größte der drei Bezirksverwaltungen war.25 Im Januar 1953 wurde Gutsche ins Ministerium nach Berlin berufen; sein vormaliger Stellvertreter Gerhard Harnisch26 übernahm dessen Posten, der wiederum 1954 von Rolf Markert abgelöst wurde.27 In der Aufbauphase der sächsischen Staatssicherheit hatten sich diese Männer verdient gemacht. Darüber hinaus kam der Gutsche-Vertraute und Innenminister Artur Hofmann28 (ein »Moskauer« der »Initiativgruppe Ackermann«) im Jahr 1960 als »Stellvertreter Operativ« zur BV Dresden. Zusammen mit dem ersten Kaderchef Erich Bär, seinem Nachfolger Oskar Stefan (»Gruppe Mecklenburg«) und Parteisekretär Erich Glaser fand sich eine erste Generation von leitenden MfS-Mitarbeitern in der Dienststelle an der Königsbrücker Straße ein, die als »Politemigranten« vor und nach Kriegsende an der Seite der sowjetischen Besatzungsmacht für die kommunistische Diktaturdurchsetzung in Ostdeutschland kämpften. 3.1.2 ÜBERBLICK: STRUKTURENTWICKLUNG DER BV DRESDEN VON 1950 BIS 1989 a) Funktionsweise des Apparates: Grundüberlegungen, Merkmale, Prozesse und Strukturen Die BV Dresden war Teil des umfassenden Staats- und Sicherheitsapparates der DDR. Der Chef-Propagandist des hauptamtlichen Parteiapparates der BV, Gerd Appelt, brachte die Funktion des MfS folgendermaßen auf den Punkt: »Die tschekistische Arbeit dient der Durchsetzung der Politik der Partei. Die Partei richtet sich nicht danach, ob es uns Mühe macht, sondern die Strategie und Taktik der Partei ist das Maßgebende.«29 Beim MfS arbeiteten Menschen, die der SED folgten und deren Zukunftsvisionen teilten. Auf die Frage hin, was das MfS von anderen Geheimdiensten unterschied, antwortete der ehemalige Major Dieter Webs nach einem kurzen Stocken im Interview: »Das ist schwer zu sagen, weil ich immer sage: ›Jeder Geheimdienst arbeitet gleich.‹ Das ist so meine Auffassung. Ja, der prinzipielle Unterschied, den sehe ich, wir hatten an und für sich eine andere Zielstellung. Und zwar: Wir wollten ja eine andere Gesellschaftsordnung aufbauen und die wollten wir ja absichern. Das war für mich so der große Unterschied. Die Mittel und Methoden selbst, die ähneln sich, das ist nun einmal so.«30 Der Dienst beim MfS war aus der Binnenperspektive heraus ein Dienst für die richtige Sache. Die genannte Absicherung des sozialistischen Gesellschaftsentwurfes war nicht allein auf der Zentralebene zu erreichen, sondern bedurfte einer Repräsentanz in der Fläche; allein dies ist allerdings schon ein quantitativer Unterschied zu den anderen, westlichen Diensten. Die BV Dresden war eine Mittelinstanz innerhalb einer vertikalen Struktur, die vom Ministerium in Berlin mit seinen Hauptverwaltungen, Hauptabteilungen und Abteilungen über die BV bis zu den Kreisdienststellen führte. Gemäß dem »Linienprinzip« setzten die entsprechenden Abteilungen auf Bezirksebene die Befehle der Hauptabteilung aus Berlin um.31 Die Leiter der Kreisdienststellen waren wiederum dem Chef der BV direkt unter­

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