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92 Hundertwasser Friedensreich 15. 12. 1928 / WIEN – 19. 2. 2000 AN BORD DER QUEEN ELIZABETH 2 VOR BRISBANE Friedensreich Hundertwasser, geboren als Friedrich Stowasser, ist vor allem als Maler, Architekt und Umweltaktivist bekannt. Er lehnte geometrisch gerade Linien und strenge Strukturen entschieden ab und stellte stattdessen die fantasievolle und individuelle Gestaltung in den Mittelpunkt seines Schaffens. Nach einem kurzen Aufenthalt an der Akademie der bildenden Künste in Wien unternahm er ausgedehnte Studienreisen, bevor er 1949 in Paris nicht nur seinen neuen Namen annahm, sondern auch seinen unverwechselbaren Stil entwickelte.1 Nach weiteren Reisen folgte 1952 seine erste Ausstellung im Wiener Art Club. Zwei Jahre später präsentierte er seine Theorie des Transautomatismus, in deren Kern es um die Überwindung des gestischen Automatismus der abstrakten Stilrichtung des Informel ging.2 Ende der 1950er Jahre machte Hundertwasser mit seinem berühmten Verschimmelungsmanifest gegen den Rationalismus in der Architektur, einer scharfen Kritik am Rastersystem der funktionellen Architektur, auf sich aufmerksam. In dieser Zeit war er auch Gastdozent an der Hochschule für bildende Künste Hamburg. Die 1960er Jahre brachten ihm eine Einzelausstellung im österreichischen Pavillon der Biennale in Venedig, weitere Reisen und künstlerische Aktionen. Und auch in den folgenden Jahrzehnten konnte er weltweit zahlreiche Ausstellungen sowie Architekturprojekte realisieren und wurde mit Auszeichnungen für sein Werk geehrt. Das in der Sammlung befindliche Werk entstand durch eine seltene Zusammenarbeit Hundertwassers mit dem Maler, Zeichner und Vertreter der Outsider-Art Friedrich Schröder-Sonnenstern (1892–1982). Hundertwasser beschrieb das Motiv und die Kooperation folgendermaßen: »Bei diesem Siebdruck habe ich nur die Umrandung und die untere Leiste gestaltet und die Äpfel in Metallprägung gedruckt. Sonnenstern schuf einen Adam, einen Mann mit Kopf, jedoch verdorrt und öde, und diese Frau, Eva, zwar ohne Kopf, jedoch voll mit Früchten und Blüten.«3 Der Siebdruck, herausgegeben von Ars Viva in Zürich, basiert auf einem Motiv Schröder-Sonnensterns: Die moralische Praxis (Lebenszauberungselevin), eine Farbstiftzeichnung. Zur Hochschulsammlung gehört eine stempelsignierte Ausgabe, die als Edition mit einer Auflage von 4 200 Exemplaren verkauft wurde. Das Bild gelangte Mitte der 1970er Jahre im Rahmen eines Kunst-am-Bau-Projekts in die Sammlung. HOMMAGE À SCHRÖDER-SONNENSTERN / 1972 Farbsiebdruck mit Metallprägungen / 100×70 cm Ex. 01605/4200 / Inv.-Nr. Str-Hun-1 Erworben durch den Kunst-am-Bau-Etat 1974/75 1 Vgl. Weber, C. Sylvia: Die Ernte der Träume: Hundertwasser, Ausst.-Kat. Art Forum Würth, Künzelsau 2008, S. 158. 2 Vgl. Schmied, Wieland: Hundertwasser 1928–2000, Persönlichkeit, Leben, Werk, Köln 2000, S.80ff. 3 Hundertwasser, Friedensreich zit. n. Hundertwasser 1928–2000, in: Fürst, Andrea C.: Catalogue Raisonné, Bd. 2, Köln 2002, S. 836, unter: https://hundertwasser.com/originalgraphik/715_hwg56_ homage_to_schroeder-sonnenstern_869 [27. 8. 2024]. 715

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