Leseprobe

79 Grimm Willem 2. 5. 1904 / EBERSTADT – 19. 9. 1986 / HAMBURG Der aus einer Lithografenfamilie stammende Maler und Grafiker Willem Grimm entwickelte die Darstellung maskierter, verkleideter Menschen zu dem zentralen Motiv seines Schaffens.1 Besonders den norddeutschen bzw. nordschleswigschen Brauch des ›Rummelpott-Laufens‹, bei dem maskierte und verkleidete Kinder zu Silvester von Haus zu Haus ziehen, verarbeitete er in Holzschnitten, seiner bevorzugten druckgrafischen Technik, griff das Motiv aber auch in Gemälden auf. Grimm begann seine Ausbildung 1919 an der Kunstgewerbeschule in Offenbach, setzte diese an der dortigen Graphischen Anstalt fort und war Gasthörer bei Professor Karl Caspar (1879–1956) in München, der seine Neigung zur religiösen Kunst förderte.2 In den frühen 1920er Jahren arbeitete Grimm in der Hollanderpresse in Worpswede, wo v.a. Bucheinbände bedruckt wurden. Dort kam er mit Paula Modersohn-Becker (1876–1907) in Kontakt. Eine Weiterbildung führte ihn Mitte der 1920er Jahre nach Hamburg an die Landeskunstschule, wo er später auch als Lehrer tätig wurde. In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts folgten erste Ausstellungsbeteiligungen sowie Reisen nach Paris und New York. 1929/30 trat er der Hamburgischen Sezession bei und unterrichtete Naturzeichnen an der Landeskunstschule, wo Karl Kluth3 und Rolf Nesch4 zu seinen Kollegen zählten.5 Die 1930er Jahre waren für Grimm geprägt von Reisen u.a. nach Italien und Norwegen gemeinsam mit Kluth, wo die Werke des Expressionisten Edvard Munch (1863–1944) Eindruck machten. Während des Zweiten Weltkriegs diente Grimm als Soldat und begann 1943, nach der Zerstörung seines Ateliers durch Luftangriffe, wieder künstlerisch zu arbeiten. Von 1946 bis 1969 lehrte er Malerei an der Landeskunstschule Hamburg, dabei vermittelte er den Blick auf die Natur als Grundlage der künstlerischen Auseinandersetzung.6 In den 1950er und 1960er Jahren erhielt er mehrere Auszeichnungen und war Ehrengast in der Villa Massimo in Rom. In dieser Zeit wurden seine Bilder dunkler, und er experimentierte mit verschiedenen Materialien. In den 1970er und 1980er Jahren setzte Grimm seine Ausstellungstätigkeit fort, u.a. bei der Deutschen Künstlerbundausstellung in Bonn. Er arbeitete häufig mit Künstlern wie Gerhard Marcks7 und Paul Wunderlich (1927–2010) zusammen. Neben den Maskenmotiven ist die Grille als weiteres zentrales Thema in seinen Werken hervorzuheben. Die Entwicklung des Grillenmotivs, wie es auch in der Sammlung vertreten ist, soll auf die freundschaftliche Verbindung von Grimm und Marcks zurückgehen und symbolisch für das Künstlerdasein stehen.8 Grimms Experimentierfreudigkeit zeigte sich in seinem Umgang mit verschiedenen Papieren und Drucktechniken. Häufig übermalte er seine Drucke, sodass der Ursprung in der Druckgrafik kaum erkennbar bleibt und ein intensiver Dialog zwischen Malerei und Grafik entsteht.9 Friedrich Straßner, der Sohn Ernst Straßners, studierte bei Grimm in Hamburg. Durch den privaten Kontakt zu dem Künstler konnten mehrere Werke in die Hochschulsammlung Einzug halten. Im September 1958 besuchte Grimm die Hochschule in Braunschweig, u.a. um die Gemälde Purrmanns10 in der Sammlung zu sehen. 1 Vgl. Grimm, Margret: Willem Grimm 1904–1986. Werkverzeichnis der Druckgrafik, Hamburg 2008. 2 Der Künstler Karl Caspar war der Ehemann der Künstlerin Maria Caspar-Filser. Zu Maria Caspar-Filser in dieser Sammlung sh. S. 48 dieser Publikation. 3 Zu Karl Kluth in der Sammlung sh. S. 96 dieser Publikation. 4 Zu Rolf Nesch in dieser Sammlung sh. S. 128 dieser Publikation. 5 Vgl. Grimm, Margret u. Rüggeberg, Harald (Hg.): Der Maler Willem Grimm. 1904–1986. Leben und Werk, Hamburg 1989, S. 153. 6 Vgl. ebd., S. 161. 7 Zu Gerhard Marcks in der Sammlung sh. S. 110 dieser Publikation. 8 Vgl. Grimm 2008, S. 44. 9 Vgl. ebd., S. 125. 10 Zu Hans Purrmann in dieser Sammlung sh. S. 146.

RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1