18 Eine weitere Kontaktaufnahme nach Chemnitz ist auf einem Postkartenvordruck des Wolfgang Jess Verlags notiert: Im Auftrag von Jess wandte sich der Künstler Karl Kröner am 6. Mai 1926 mit einer Bitte an den Chemnitzer Museumsdirektor Schreiber-Weigand: »Caro Don Federigo! Herr Jess fragt mich eben um die Anschrift von Herrn Goeritz, der die Sammlung von Corinth hat. Würdest du so freundlich sein und diese Herrn Jess mitteilen. Hoffentlich sehen wir uns bald. Heute herzliche Grüße und Dank voraus. Herzlichst dein Carlo.« Der Verleger selbst fügte einen kurzen Gruß hinzu. Sein Wunsch wurde noch am selben Tag erfüllt.16 Kröner, der aus Zschopau stammte, hatte vor seinem Studium in Dresden eine Lehre als Textilzeichner in Chemnitz angetreten und besaß seit 1914 ein Atelier in Niederlößnitz bei Dresden. Mit dem Museumsdirektor verband ihn eine jahrzehntelange freundschaftliche Beziehung.17 Mehrfach hat Kröner in der Chemnitzer Kunsthütte ausgestellt, so waren dort im Jahr 1923 Aquarelle aus Italien von ihm zu sehen. Das Programm des Wolfgang Jess Verlags umfasste bald eine breite Aufstellung über die Kulturgeschichte mit vielen Facetten rund um Memoiren, Reiseliteratur, Dichtung und Geisteswissenschaften.18 In Zusammenarbeit mit Hegner entstand eine Vielzahl an Publikationen wie etwa der Zwinger-Führer von Hubert Georg Ermisch mit einem Vorwort von Cornelius Gurlitt (1926), der Katalog über die Graphische Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes im Rahmen der Jahresschau Deutscher Arbeit in Dresden 1927, die von Emil Schaeffer zusammengestellten Texte über Raphaels Sixtinische Madonna als Erlebnis der Nachwelt (1927) oder auch die von Ernst Kamnitzer und Gräfin Gertrud von Helmstatt herausgegebenen Fragmente von Novalis (1928). Es waren vor allem traditionsreiche Themen, die behandelt wurden. 1927 startete Jess den Versuch eines Dresdner Kunstbuches, 16 Wolfgang Jess Verlag an Friedrich Schreiber-Weigand, 6.5.1926, KSChA, Briefwechsel IJ-089 und Friedrich Schreiber Weigand an Wolfgang Jess, 6.5.1926, KSChA, Briefwechsel IJ-088. 17 In Briefen nennt er ihn liebevollspaßhaft »Federigo« und unterzeichnet selbst mit »Carlo«, in Anspielung an seine Reisen und die fortwährende Sehnsucht nach Italien. Besprochen wurden u. a. besuchte Ausstellungen, aber auch Informationen und Urteile über Künstler:innen in Dresden sowie Empfehlungen für Ankäufe mitgeteilt. Karl Kröner an Friedrich Schreiber-Weigand, KSChA, Autographen A 211–A 214. 18 Lothar Dunsch, »Wolfgang Jess und sein Verlag«, in: Hellerau-Almanach, 1 (1994), S.43–64, hier S.46. 5 Unbekannt, Porträt Wolfgang Jess, undatiert, Fotografie, Leihgabe Jürgen Brinkmann
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