Leseprobe

17 Ankäufe durch Jess lassen sich für die November-Ausstellung 1922 nachweisen. Neben Gemälden und grafischen Arbeiten von Elisabeth Ahnert, Karl Hofer und Wilhelm Dressler wurden dort auch 14 Holzschnitte, 16 Radierungen und acht Lithografien von Heckel gezeigt. Jess erwarb sechs Grafiken des Künstlers (Bildnis A. N., 1919, Holzschnitt; Reckackt, 1919, Radierung; Drei Mädchen am Strand, 1912, Radierung; Bootsbauer, 1914, Radierung; Parksee, 1914, Radierung; Seiltänzer, 1920, Radierung)10 und außerdem eine Zeichnung von Karl Hofer mit dem Titel Sitzende. Auch diesem Künstler war er verbunden: Karl Hofer schuf für seinen Teil der Ausstellung eine Einladungskarte mit einer Originallithografie,11 die sich zusammen mit Einladungen zu Hofer-Ausstellungen im Dresdner Graphischen Kabinett Erfurth im Nachlass von Jess befindet. Im gleichen Jahr ist der Dresdner Verleger als Käufer von zwei Holzschnitten mit Tiermotiven von Wilhelm Rudolph aus der Dezember-Ausstellung12 und im Februar 1924 für ein Aquarell von Otto Mueller13 notiert. Dank der Schenkung von Jürgen Brinkmann kehren nun zwei der vor über 100 Jahren in Chemnitz gekauften Radierungen, Reckackt und Drei Mädchen am Strand, zurück an diesen Ort. Dass Jess persönlich diese Ausstellungen in Chemnitz gesehen oder das Städtische Museum am Theaterplatz besucht hat, lässt sich leider nicht vollends belegen und kann nur vermutet werden.14 1931 fand in der Kunsthütte zu Chemnitz mit 100 Gemälden von 1906 bis 1930 die erste umfangreiche Retrospektive von Erich Heckel statt. Zeitgleich waren im Graphikkabinett grafische Arbeiten aus dem eigenen Bestand zu sehen.15 Durch den eingangs zitierten Brief der Witwe des Verlegers ist überliefert, dass Jess anlässlich dieser Präsentation in Chemnitz auch Heckel-Grafiken erworben hat. 10 Ebd. 11 Das für die Chemnitzer Sammlung vom Künstler angekaufte Exemplar der Einladungskarte zur Ausstellung in der Kunsthütte (Inv.-Nr.22–89) wurde 1937 im Rahmen der Aktion »Entartete Kunst« beschlagnahmt. 12 Wie Anm.9 13 Ebd. 14 Durchgesehen wurden die Gästebücher der Kunsthütte zu Chemnitz und der Städtischen Kunstsammlung sowie der Schriftverkehr im Museumsarchiv. Wolfgang Jess war nicht Mitglied der Kunsthütte und hat deshalb auch nicht an den Verlosungen teilgenommen. 15 Anja Richter, »Chemnitz, die geistige Wiege« Erich Heckels, in: Erich Heckel in den Kunstsammlungen Chemnitz, Ausst.-Kat. Chemnitz, Kunstsammlungen Chemnitz – Museum Gunzenhauser 17.1.– 17.4.2016, hrsg. v. Ingrid Mössinger und Anja Richter, Bielefeld, Berlin 2016, S. 10 – 29. 4 Unbekannt, Wolfgang Jess, undatiert, Öl auf Pappe, 46 × 30 cm, Leihgabe Jürgen Brinkmann

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