113 Ich bin bildender Künstler und sammle Kunst. Das ist eigentlich gar nicht so ungewöhnlich, sondern reiht sich in eine lange Tradition von Rembrandt über Monet bis hin zu Katharina Grosse. Jeder, der irgendetwas sammelt, kennt das Problem, dass das leider auch ganz schnell aus dem Ruder laufen kann. Ich habe eigentlich schon immer Kunst gesammelt, sei es gekauft oder mit Kolleg:innen getauscht. Bereits im Studium habe ich gejobbt, um Werke, die ich in Galerien erstanden habe, abzuzahlen. Mein erstes Kunstwerk war eine Skulptur, ein Trashstone von Wilhelm Mundt (*1959), den ich ungefähr 1994 gekauft habe. Seitdem sind unzählige Werke an Gegenwartskunst, später auch aus dem japanischen Shin-hanga-Holzschnitt, dazugekommen. Seit einigen Jahren hat sich mein Sammlungsschwerpunkt zur Malerei der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verlagert. Darunter sind Werke von bekannten Künstlern wie Eugen Felix Prosper Bracht (1842–1921), Alexandre Calame (1810– 1864) und Edward Theodore Compton (1849–1921), aber vor allem Werke von Janus la Cour (1837–1909), die ich auch in meinen eigenen Werken der SilikonSerie als Zitate und Fragmente aufgreife. An La Cours Werken reizt mich vieles: das Unspektakuläre, das, was eigentlich kaum bildwürdig war. Janus La Cour bildet mit 14 Gemälden den Schwerpunkt meiner Sammlung des 19. Jahrhunderts. Er hat bereits seriell gearbeitet, als das noch gar nicht so genannt wurde, fast zeitgleich mit Claude Monet. Zudem hat er die damals übliche Staffage weitgehend aus der Landschaft genommen. Seine Küstenbilder sind für die damalige Zeit eine Zumutung. Die Betrachtenden und Käufer:innen wollten im späten 19. Jahrhundert Schiffe, Menschen am Strand und gleißende Sonnenuntergänge sehen, doch all das hat La Cour verweigert. Stattdessen fokussierte er sich auf die Steine, Felsen und die bewachsenen Dünen, den Schlamm. All das, was eigentlich kaum jemand in den Blick genommen hat. Er hatte einen sehr modernen Blick, was kaum gesehen wurde und wird. Auch seine Bildausschnitte sind manchmal spektakulär ungewöhnlich, die Farben fast unbunt – allerdings mit vereinzelt sehr schrägen Setzungen. In einem harmonischen grau-braunen Gemälde springt einem manchmal eine kurios in Türkis gehaltene Fläche entgegen, ganz unzeitgemäß und ganz eigen. Das ist wirklich total überraschend und malerisch viel gewagter, als auf den ersten Blick erfassbar. Für den Fall La Cour gilt auch, dass es mit meiner Sammelleidenschaft ein bisschen überhandgenommen hat: Ich wollte anfangs lediglich ein Gemälde des Malers besitzen – nun habe ich insgesamt über 30 Werke aus dem mittleren und späten 19. Jahrhundert, die ich in meiner Wohnung und meinem Studio natürlich längst nicht alle aufhängen kann. Daher ist es jetzt so eine wunderbare Gelegenheit, einiges davon museal zu sehen und dann auch noch mit meinen Werken kombiniert. Was für ein Geschenk! Sven Drühl Warum ich Janus la Cour sammle Kat. 66 Sven Drühl, S.D.E.T. xs II, 2004 Courtesy of the artist & König Galerie
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