Leseprobe

92 Künstlerviten Michele di Bartolomeo Michelozzi, gen. Michelozzo (um 1396–1472) Michelozzo entstammte einer gutbürgerlichen Familie und machte sich als Architekt und Bildhauer einen Namen.1 Er arbeitete als Stempelschneider für die Florentiner Münze und war ein Experte für Bronzeguss. In dieser Eigenschaft ist er für Lorenzo Ghiberti tätig gewesen, den er bei der Ausführung der Baptisteriumstüren und der Bronzestatue des Hl. Matthäus für Orsanmichele unterstützte. 1424 gründete er eine Werkstattgemeinschaft mit Donatello, und zusammen führten sie das Grabmal für Baldassare Coscia im Florentiner Baptisterium aus. Auch an Donatellos Außenkanzel des Doms in Prato war er beteiligt. Michelozzo erfreute sich der Förderung durch Cosimo de’ Medici, für den er unter anderem den großen Stadtpalast entwarf. Obwohl hochtalentiert und einflussreich, steht der Künstler bis heute unverdienterweise im Schatten von Donatello und Brunelleschi. Andrea di Lazzaro Cavalcanti, gen. Il Buggiano (1412–1462) Andrea wurde in einem kleinen Ort in der Nähe von Pistoia namens Borgo a Buggiano geboren, wovon sich sein Beiname ableitet.2 1419 wurde er von dem bedeutenden Architekten Filippo Brunelleschi (1377–1446) adoptiert und nach Florenz gebracht,3 wo er im Ambiente der Baustellen seines Wohltäters, wie der Kuppel des Doms und der Alten Sakristei von San Lorenzo, zum Bildhauer heranwuchs. Die meisten seiner Werke, die sich stilistisch stark an Donatello anlehnen, sind auch in eben diesem Umfeld zu finden: der Altar (1432) und das Grabmal des Giovanni de’ Medici und seiner Gemahlin (1433) in der Alten Sakristei, die beiden prächtigen Lavabos der Dom-Sakristeien (1432–1440 beziehungsweise 1442–1445), der Tabernakel in Sant’Ambrogio (1433) und die Kanzel in Santa Maria Novella (1443–1448). Buggiano war kein innovativer, sondern ein eklektischer und solider Künstler. Seine etwas derben Figuren haben jedoch eine durchaus liebenswerte Bodenständigkeit, sodass sich seine Madonnenreliefs, die sich an Werken Luca della Robbias und der Rossellino-Werkstatt orientieren, großer Beliebtheit erfreuten.4 Abb. 55 Nanni di Banco, Relief am Sockel der Nische der Quattro Coronati, gestiftet von der Zunft der Steinmetzen und Holzschnitzer, 1410–1418, Orsanmichele, Florenz

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