Leseprobe

35 gedacht waren, gibt es auch Exemplare mit einem Griff auf der Rückseite, die als sogenannte Pax oder Kusstafel Verwendung fanden.2 Diese wurde bei der Messfeier vom Priester den Gläubigen zum Kuss dargeboten, um solcherart seinen Friedensgruß zu verbreiten. Diese rituelle Handlung wird heute meist durch einfaches Händeschütteln vor oder nach der Kommunion, begleitet von den Worten »Der Friede sei mit dir«, vollzogen. Als Schöpfer der Komposition gilt der oberitalienische Goldschmied und Medailleur Moderno, der mit Galeazzo Mondella identifiziert wurde. Seinen Künstlernamen, mit dem er auch signierte, hatte er sich offenbar als Antwort auf das Pseudonym des nur wenige Jahre älteren mantuanischen Hofbildhauers Pier Jacopo Alari Bonacolsi (1460–1528) gewählt, der sich »Antico« nannte, um seine tiefe Verbundenheit mit der Kunst der Antike zum Ausdruck zu bringen.3 Im Unterschied zum Mantuaner, der sich in seinen Werken nur 2 Nach Galeazzo Mondella, genannt Moderno (1467–1528) Madonna mit Kind Oberitalien, Entwurf um 1500, Galvanoplastik vermutlich aus dem späten 19. Jahrhundert Metalllegierung, H. 11,2 cm (ohne Öse), B. 7,1 cm Skulpturensammlung bis 1800, Inv.-Nr. NI 079 Provenienz: 1973 vom Grünen Gewölbe, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, übernommen. Literatur: Unpubliziert. In einem als Ädikula gestalteten architektonischen Rahmen sieht man die Darstellung einer offenbar am Boden hockenden Mutter Gottes, die dem auf ihrem Schoß sitzenden Jesuskind ihre rechte Brust zum Trinken darbietet. Der sehr bewegt gestaltete Knabe wendet sich jedoch ab und vollführt eine heftige Drehung nach links. Der Grund dafür ist wohl die Figur, die hinter Maria erscheint: Es handelt sich um den heiligen Joseph, den Ziehvater Christi, der ein Kreuz in der Hand hält, vor dem das Kind erschrocken zurückweicht, da es an sein bevorstehendes Schicksal gemahnt. Es handelt sich also nicht wirklich um den Darstellungstypus einer Maria lactans, da nicht der Akt des Stillens, sondern nur die Absicht dazu gezeigt wird. Im Hintergrund sind die Figuren von weiteren Heiligen zu erahnen, während zwei kleine Engel mit einer ringförmigen Krone über dem Haupte Mariens schweben. Im dreieckigen Giebelfeld sind Gott Vater und ein Engelsköpfchen mit Flügeln zu erkennen. Pilaster und Sockel der Ädikula sind mit gemusterten Bändern und einem leeren Wappenschild verziert. Die Plakette ist in mehreren Exemplaren bekannt; manche davon sind vergoldet oder aus Silber gegossen (Abb. 21).1 Während Plaketten mit einem Ring zum Aufhängen für die private Andacht entweder zu Hause oder auf Reisen Abb. 20 Giampietrino, Madonna mit Kind, um 1520, Öl auf Leinwand, Galleria Borghese, Rom

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