39 Marianne Fiedler »Bildnis einer jungen Frau« um 1894 · Lithografie mit Goldbronze, 481× 353 mm · Kupferstich-Kabinett, Inv.-Nr. A1894-407 litoninnen waren u. a. Käthe Schmidt (später Kollwitz), Maria Slavona und Beate Jeep, mit denen sie auch privat befreundet war. In München lernte sie zudem den aus Leipzig stammenden Künstler Otto Greiner kennen, der sie mit der Technik der Lithografie vertraut machte. Als Greiner 1891 zunächst nach Florenz und anschließend nach Rom ging, besuchte sie ihn im darauffolgenden Jahr in seinen Ateliers und vervollkommnete, vermutlich unter seiner Anleitung, ihre Fähigkeiten im Steindruck.2 Ab 1893 lebte Marianne Fiedler wieder bei ihren Eltern in Dresden und beteiligte sich an Gemeinschaftsausstellungen in Berlin, München, Leipzig, Wien und Dresden. Das Kupferstichkabinett verfolgte den künstlerischen Werdegang der jungen Frau aufmerksam und erwarb nach dem ersten Ankauf 1894 in den folgenden Jahren bis 1900 weitere 16 Lithografien, darunter viele Bildnisse, aber auch einige italienische und sächsische Landschaften. Erst 1937 kam über den Nachlass des Dresdner Kunstsammlers Johann Friedrich Lahmann ebenso eine Zeichnung von Fiedler in den Bestand des Kabinetts. Der »Mädchenkopf in Vorderansicht« in Pastellfarben zählt jedoch seit 1945 zum Kriegsverlust. Eine Zäsur in ihrer künstlerischen Entwicklung bedeutete Fiedlers Heirat mit dem Theologen und Lebensphilosophen Johannes Müller, den sie im Frühjahr 1900 kennenlernte und bereits im Juni desselben Jahres heiratete. Das Leben als Ehefrau und Mutter ließ ihr nur noch wenig Gelegenheit zu bildnerischer Produktion. Nach der Geburt des dritten Kindes verstarb Marianne Fiedler im Alter von 39 Jahren an einer Lungenentzündung. Von noch ungebundener Lebensfreude kündet eines ihrer bekanntesten Werke, das südlich gestimmte, in Teilen an Bilder von Hans Thoma angelehnte »Selbstbildnis als Bacchantin«. Woermann hatte es 1894 bereits erwähnt. Lachenden Gesichts, frontal und selbstbewusst dargestellt, erscheint die Künstlerin hier bereits im Vollbesitz ihrer Fähigkeiten; eine Fotografie, die als Vorlage diente, stammt aus der Münchner Studienzeit.3 »Eine Graphikerin Dresdens, die, wenn sie auch keine überstarke Natur ist, doch gewiß nicht verdient, in Vergessenheit zu geraten, war Marianne Fiedler«,4 resümierte Hans Wolfgang Singer, Kustos des Kupferstichkabinetts, 1914. Als besonders gelungen stellte er dabei nicht zuletzt das aufwändig mit einem Hintergrund in Goldbronze gedruckte »Bildnis einer Münchener Kopistin mit Wappen« heraus, deren Identität aber noch zu ermitteln bleibt. Ähnliche markante Kurzhaarfrisuren trugen damals auch bekannte emanzipierte Künstlerinnen wie Anita Augspurg oder Margarethe von Brauchitsch. OS 1 Karl Woermann: Dritte Vierteljahrsausstellung im Königlichen Kupferstichkabinett Dresden zum Thema »Moderne Steindrucke« (Rezension), in: Dresdner Journal, 28./29. 6.1894, S.1. 2 Zur Biografie s. Micaela Händel: Marianne Müller, geb. Fiedler, in: Frauen im Schatten von Schloss Elmau, hg. von Ulrike Leutheusser, München 2016, S. 67–102. 3 Vgl. dazu Sonya und Yury Winterberg: Marianne Fiedler, in: Iris Berndt/Astrid Böttcher u. a.: Käthe Kollwitz und ihre Freunde, Ausst.-Kat. Käthe-Kollwitz-Museum Berlin 2017, Berlin 2017, S.15–29, bes. S.17, Abb. 2, und S. 26, Kat.-Nr.15 f. 4 Hans W. Singer: Die moderne Graphik, Leipzig (2. Aufl.)1920, S.150.
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