24 »Müssen Frauen nackt sein, um es in das Metropolitan Museum zu schaffen?«, fragte das Künstlerinnenkollektiv Guerrilla Girls bereits 1989, als es feststellte, dass in der Abteilung Moderner Kunst des New Yorker Museums nur fünf Prozent Künstlerinnen zu sehen, aber 85 Prozent der gezeigten Akte Frauen waren. Bei einer Neubefragung im Jahr 2012 stellte sich die Lage kaum verändert dar: Nicht einmal 4 Prozent der Künstler:innen in der modernen Abteilung waren Frauen, hingegen 76 Prozent der Aktdarstellungen weiblich. Auch der Blick auf Künstlerinnen im Gesamtbestand des Albertinum, der die Zeit von 1800 bis heute umfasst, ist 2024 (noch) ernüchternd. Trotz aller Bemühungen, Ankäufe, großer und kleiner Einzelausstellungen von Künstlerinnen (Rosa Barba, Evelyn Richter, Taryn Simon, Nevin Aladag�, Cornelia Schleime, Magdalena Abakanowicz und Susan Philipsz sowie thematischer Ausstellungen wie »Medea muckt auf. Radikale Künstlerinnen hinter dem Eisernen Vorhang«1) in den letzten zehn Jahren liegt das Albertinum in der Bilanz bei nicht einmal zehn Prozent an Werken von weiblichen Kunstschaffenden. Im Bereich der zeitgenössischen Kunst haben wir mittlerweile eine fast paritätische Situation erreicht. Sammlungszugänge von Werken internationaler Künstlerinnen wie Kapwani Kiwanga, Céline Condorelli, Ângela Ferreira, Inge Mahn, Marlene Dumas, Zhanna Kadyrova, Tina Bara und Hito Steyerl, aber auch die Schenkung Sammlung Hoffmann und die Sammlung Bialek, die unsere Ausstellungsräume mit Werken zum Beispiel von Mathilde ter Hejne, Roni Horn, Julie Mehretu oder Karin Sander bereichern, haben uns in den letzten Jahren um Meilensteine vorangebracht. Unser größter Kampf gilt derzeit der rückwirkenden Sammlungserweiterung im Bereich Künstlerinnen aus der DDR. Entgegen dem postulierten Anspruch der Gleichberechtigung weist der Sammlungsbestand aus DDR-Zeiten äußerst wenige Werke von Künstlerinnen auf. Wir sind stolz, dass uns in den letzten Jahren wichtige Erwerbungen gelungen sind – denn auch hier müssen (wie für alle Ankäufe) Drittmittel erst akquiriert werden, was sich insbesondere im Bereich »Kunst aus der DDR« als erstaunlich schwierig erweist. Dass es gelang, Werke von Christa Jeitner, Sylvia Hagen, Christine Schlegel, Gabriele Stötzer, Annette Schröter, Cornelia Schleime, Karla Woisnitza oder Doris Ziegler für das Albertinum und damit für die Öffentlichkeit zu sichern, verdanken wir Förderer:innen und der Unterstützung unserer Freundeskreise. Doch es bleibt eine Aufgabe von historischer Bedeutung, für nachfolgende Generationen die Kunst aus der DDR in ihrer Vielfalt zu bewahren. Sind im Bereich Künstlerinnen aus der DDR noch viele Werke verfügbar, so gestaltet es sich für das frühe 20. Jahrhundert und insbesondere das 19. Jahrhundert weitaus schwieriger, bedeutende künstlerische Zeugnisse von Frauen zu erwerben. Gelungen ist es in den letzten Jahren vereinzelt, so mit Ankäufen von Werken von Paula Lauenstein, Marianne Britze und Hilde Rakebrand aus den 1920er und 1930er Jahren sowie von den Romantikerinnen Caroline Bardua und Johanna Caroline Krieger. Künstlerinnen im Albertinum. Eine Bestandsaufnahme HILKE WAGNER
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