Erinnern und Gedenken Ein Schlüsselphänomen in der Erinnerungspraxis der Bundesrepublik sind die ostdeutschen Heimatstuben, ehrenamtlich geführte Privatmuseen organisierter Vertriebener. Etwa 600 wurden in einem Zeitraum von 60 Jahren gegründet, besonders in den 1950er- und 1980er-Jahren. Mit dem Sammelbegriff ostdeutsch waren alle Herkunftsregionen von Deutschen vor 1945 gemeint, auch wenn einige dieser Gebiete nie zu Deutschland HANDGEARBEITETE HAUBE EINER TRACHT DER WISCHAUER SPRACHINSEL IN SÜDMÄHREN Südmähren/Tschechoslowakei, vor 1945 Die Haube befand sich im Gepäck einer Familie, die 1945 nach Bayern vertrieben wurde. Sie wird bis heute für Trachtenschauen und Auftritte einer Tanzgruppe genutzt. gehörten. Nach 1990 kam es in den neuen Bundesländern zu den letzten Gründungen. Die Vertriebenen sammelten in ihren Heimatstuben Alltägliches, das sie an ihr ehemaliges Zuhause erinnerte. Dies konnten Arbeits- und Wohngegenstände sein, darunter solche, die alte Traditionen und Bräuche sowie religiöse Praktiken dokumentierten. Diese Erinnerungsobjekte halfen, den Heimatverlust zu bewältigen. Mit ihnen pflegten Sammlerinnen und Sammler, aber auch die Besucherinnen und Besucher der Heimatstuben ihre Vorstellungen von einem Leben in Frieden und Wohlstand, einem Alltag in stabiler und vertrauter Umgebung, der ihnen gewaltsam genommen worden war. Daher trafen sich die Vertriebenen gleicher Herkunftsregionen dort regelmäßig, arrangierten Räume mit Erinnerungsgegenständen zu kleinen Ausstellungen oder trugen Informationen über die verlassenen
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