220 221 Mithilfe einer befreundeten russischen Familie gelang es den Schäfers Ende der 1950er-Jahre, bei den sowjetischen Behörden einen Ausreiseantrag zu stellen. 1958 durften sie endlich in die Bundesrepublik Deutschland ausreisen. Die deutsche Minderheit in der Tschechoslowakei Das Ziel, einen ethnisch homogenen Staat für die tschechische und slowakische Bevölkerung zu schaffen, setzte die Abschiebung der deutschen wie auch der ungarischen Minderheit voraus. Die rechtlichen Grundlagen hierfür stellte die tschechoslowakische Exilregierung zu einem großen Teil bereits während des Kriegs her. In den Jahren 1940 bis 1945 erließ Staatspräsident Edvard Beneš auf der Grundlage eines Verfassungsdekrets insgesamt 143 Verordnungen, die das öffentliche Leben in der wiedererrichteten Tschechoslowakei regelten. Die sogenannten Beneš-Dekrete wurden im März 1946 durch die Provisorische Nationalversammlung rückwirkend bestätigt. Einige der Dekrete bezogen sich konkret auf die deutsche wie auch die ungarische Minderheit im Land und legten den Entzug ihrer StaatsFAMILIE SCHÄFER VOR IHREM SELBSTGEBAUTEN BLOCKHAUS Gebiet Irkutsk/Sowjetunion, 1954 bürgerschaft und Eigentumsrechte fest. Betroffen waren alle Personen, die nicht nachweisen konnten, dass sie während Krieg und Besatzung aktiv gegen den Nationalsozialismus gekämpft hatten. Die repressive Politik gegenüber beiden Minderheiten wurde mit dem Vorwurf illoyalen Verhaltens gerechtfertigt. Unmittelbar nach Ende des Kriegs setzte die tschechoslowakische Regierung eine Reihe von Maßnahmen gegen die deutsche Minderheit in Gang. Die Stimmung in der tschechischen Bevölkerung war grundsätzlich antideutsch. Es herrschte die Überzeugung, dass alle Deut-
RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1