Leseprobe

Verners Starasts wurde 1935 in Insterburg in Ostpreußen als Werner Kascherus geboren. Der Vater kam als Soldat im Krieg um. Seine Mutter arbeitete als Krankenschwester in einem Lazarett, das bei Kriegsende nach Westen evakuiert wurde. Verners blieb bei seiner Großmutter und ihren beiden Schwestern. Gemeinsam flohen sie vor der heranrückenden Front nach Westen, kehrten aber im Mai 1945 nach Insterburg zurück, das inzwischen unter sowjetischer Militärverwaltung stand. Der zehnjährige Werner und die drei Frauen mussten immer wieder ihre Unterkunft wechseln, ein festes Zuhause fanden sie nicht mehr. Sie lebten in großer Unsicherheit und waren Übergriffen durch sowjetische Soldaten schutzlos ausgeliefert. Am schlimmsten aber war der Hunger: Nacheinander verhungerten die Großmutter und die beiden Großtanten. Die zuletzt Verstorbene musste Werner eigenhändig im Garten begraben. Der Junge war nun ganz auf sich allein gestellt. Zusammen mit anderen Kindern schlug er sich zwei Jahre lang irgendwie durch, immer auf der Suche nach etwas Essbarem. Die Kinder waren stark unterernährt, geschwächt und krank, manche starben. SCHREIBEN DES ZENTRALEN SUCHDIENSTES DES INTERNATIONALEN ROTEN KREUZES AN VERNERS STARASTS Genf/Schweiz, 6. 10. 1972 Als Wolfskind nach Lettland VERNERS STARASTS 218 219

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