Leseprobe

Neuordnung durch Vertreibungen Die widrigen Lebensumstände und die Perspektivlosigkeit verstärkten den Wunsch der deutschen Bevölkerung, das Gebiet endgültig zu verlassen. Für Charlotte Schmolei endete das schwere Dasein in Ostpreußen mit ihrer Aussiedlung in die SBZ im November 1947. Sie kam zuerst in ein Lager nach Brandenburg, später nach Berlin. Ins Samland reiste sie nur noch einmal, fast 50 Jahre später, zusammen mit ihrem Mann Emil. Erstmals durften im Frühjahr 1947 Deutsche aus Königsberg (Kaliningrad) in die SBZ ausreisen. Mehrere Transporte folgten im Oktober und November. Anfang 1948 fasste der Ministerrat der UdSSR den Beschluss, noch im selben Jahr alle verbliebenen Deutschen umzusiedeln. Insgesamt kamen 1947 bis 1948 rund 100 000 Personen in der SBZ an. Viele Menschen hatten jedoch von den Transporten nach Deutschland keine Kenntnis, da sie vor dem Hunger nach Litauen geflohen waren. Dies betraf auch einige Hundert elternlose Kinder und Jugendliche (sogenannte Wolfskinder), die in litauischen Pflege- oder Adoptivfamilien untergekommen oder aber ganz auf sich allein gestellt waren. Einige konnten später in organisierten Ausreiseaktionen nach Deutschland ausreisen, anderen gelang dies nicht. Manche zogen es vor, in der Sowjetunion zu bleiben, und beantragten die sowjetische Staatsbürgerschaft. TAGEBUCH VON CHARLOTTE SCHMOLEI Königsberger Gebiet (Oblast Kaliningrad)/Sowjetunion, 1945–1947

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