Leseprobe

Die Netzwerke 334 Linda Alpermann CAROLINE BARDUA (1781–1864) Die Ballenstedter Porträt- und Historienmalerin Caroline Bardua hielt den sichtlich gealterten Caspar David Friedrich im Winter 1839 in einem Porträt fest (Abb. 1). Das Bildnis des Malers Caspar David Friedrich zeigt den Künstler zusammengesunken auf einem Stuhl sitzend, den Blick den Betrachtenden abgewendet und nach rechts in die Ferne gerichtet. Der Blick durch ein Fenster auf die Elbe und eine Brücke, oben eingerahmt von Weidenzweigen, beherrscht den Bildhintergrund links. Friedrich trägt einen Mantel mit Pelzbesatz und darunter ein weißes Hemd. Hinter ihm steht eine leere Leinwand. Vor ihm liegen eine unbenutzte Malpalette und gereinigte Pinsel. Die leere Leinwand und die unbenutzten Malutensilien mögen Hinweise auf seine Untätigkeit als Künstler sein. Der Maler wirkt sichtlich kraftlos, müde.1 Das Porträt entstand wenige Monate vor seinem Tod. Die Künstlerin hatte Friedrich nach langer Abwesenheit aus Dresden im August 1839 besucht. Vier Jahre zuvor hatte der Künstler einen schweren Schlaganfall erlitten und muss bei Barduas Besuch sehr krank gewirkt haben: »Ihren alten Freund Caspar Friedrich hat Caroline ganz gebrochen und krank gefunden. Sie geht jetzt jeden Morgen zu ihm[,] um ihn zu malen«,2 heißt es in den Erinnerungen von Caroline Barduas Schwester Wilhelmine. Das Gemälde wurde im Herbst 1840 auf der Berliner Kunstausstellung gezeigt und erregte wegen Friedrichs Tod im Mai 1840 besonderes Interesse.3 Ein Vergleich mit Barduas erstem Friedrich-Porträt von 1810 drängt sich an dieser Stelle auf (Abb. 2).4 Das Gemälde zeigt den 36-jährigen Maler als Halbfigur vor einer entfernten Seelandschaft mit Kreidefelsen. Friedrich wendet sich leicht dem landschaftlichen Hintergrund zu, schaut aber in Richtung der Betrachtenden. Er wirkt ernst und aufmerksam. Der Dargestellte trägt ein dunkles Gewand mit hochgestelltem Kragen, von dem sich sein helles, lichterfülltes Gesicht und der mächtige, rötlich-blonde Backenbart stark abheben und den Betrachtenden entgegenleuchten. Durch den intensiven Hell-DunkelKontrast zwischen der Gesichtspartie Friedrichs und dem übrigen Bild, aber auch durch die klassizistische Bildkomposition, wirkt die Inszenierung Friedrichs fast heroisch. Die Hinwendung zur Seelandschaft, vermutlich der Ostsee, verweist auf seine Herkunft und die Naturverbundenheit.5 Am linken Arm trägt Friedrich eine Trauerbinde, ein Verweis auf den 1809 verstorbenen Vater. Der Vergleich der Bildnisse Friedrichs von 1810 und 1839 verstärkt nicht nur den müden 1 Caroline Bardua Bildnis des Malers Caspar David Friedrich 1839 | KAT 209

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