Die Netzwerke 326 Werner Busch GEORG FRIEDRICH KERSTING (1785 –1847) Gleich dreimal hat Georg Friedrich Kersting Caspar David Friedrich im Atelier an der Staffelei gemalt.1 Die Künstler waren gut miteinander bekannt, obwohl Kersting mehr als zehn Jahre jünger als Friedrich war. Der Ältere dürfte den Jüngeren in seiner Malerausbildung beraten haben. Friedrich hatte von 1794 bis 1798 an der Kunstakademie in Kopenhagen studiert. Kersting war 1805 bis 1808 in Kopenhagen zur Ausbildung. Als er anschließend nach Dresden kam, um von dort weiter nach Italien zu reisen, hatte Friedrich ihn offenbar zum Bleiben überredet und ihm empfohlen, sich an der Dresdner Akademie einzuschreiben. Im Juli 1810 unternahmen sie eine gemeinsame Riesengebirgswanderung.2 Bald danach hat Kersting sein erstes der drei Bilder mit Friedrich im Atelier gemalt, es ist auf 1811 datiert (Abb. 1). Zu diesem Bild gehört ein ebenfalls 1811 datiertes Pendant, das den Maler Gerhard von Kügelgen in einer vergleichbaren räumlichen Situation im Atelier an der Staffelei zeigt (Abb. 2).3 Dennoch sind die Bilder in der Aussage grundverschieden. Schon hier lässt sich sagen, dass sie und die den beiden Typen folgenden Werke programmatischer Natur sind. Dem kahlen Atelier Friedrichs antwortet das vollgestopfte von Gerhard von Kügelgen. Beide arbeiten in einem Raum mit zwei Fenstern, von denen jeweils das eine gänzlich verdunkelt ist, während das andere mit hölzernen Klappen im unteren Teil bedeckt ist. Auf diese Weise wird das gewünschte Malerlicht geschaffen, wie es in zeitgenössischer Traktatliteratur empfohlen wird.4 Möglichst nach Norden ausgerichtet, soll nur indirektes Licht hereingelassen werden, das schräg von oben auf die Leinwand fällt und so blendungsfrei und gleichmäßig bleibt. Friedrich, der an einer Wasserfalllandschaft malt, hat sein Atelier nur karg ausgestattet: ein Tischchen, auf dem wenige Malutensilien stehen, an der Wand und vorm verdunkelten Fenster hängen Paletten, ferner an der Wand ein dreieckiges Winkelmaß, eine Reißschiene und ein Maßstab, so ostentativ angebracht, dass 1 Georg Friedrich Kersting Caspar David Friedrich in seinem Atelier 1811 | KAT 272
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