Leseprobe

Der Maler 282 DER DRESDNER BESTAND Mit 13 Gemälden7 Caspar David Friedrichs umfasst der Bestand des Dresdner Albertinum einen repräsentativen Querschnitt seines malerischen Œuvres, welches von 1807 bis 1835 entstand. Darunter befinden sich Schlüsselwerke aus allen Schaffensphasen, die beste Voraussetzungen boten, um an die bereits geleistete kunsttechnologische Erforschung des Friedrich-Bestands der Alten Nationalgalerie Berlin durch Kristina Mösl erfolgreich anzuknüpfen.8 Ihr umfangreiches interdisziplinäres Untersuchungsprogramm diente als Vorlage, sodass die erhobenen Einzelbefunde für weiterführende, vergleichende wissenschaftliche Auswertungen zur Verfügung stehen.9 Neben einer eingehenden Betrachtung der Gemälde, auch unter dem Stereomikroskop, kamen verschiedene zerstörungsfreie Untersuchungsverfahren zum Einsatz: Röntgenaufnahmen ermöglichten Differenzierungen der verwendeten Bildträger sowie von Grundierungen und Malschichten. Mithilfe der Infrarotreflektografie ließen sich neben den detaillierten Unterzeichnungen Friedrichs auch kleinere Änderungen durch den Künstler, sogenannte Pentimenti, sichtbar machen. Die UV-Fluoreszenz gab maßgeblich Auskunft über den Erhaltungszustand und die Beschaffenheit der Oberflächenüberzüge. Zur Pigmentbestimmung wurde die nichtinvasive punktuelle Röntgenfluoreszenzanalyse durch analytische Untersuchungen winziger Malschichtproben von den Bildrändern ergänzt.10 Große Bedeutung kommt den naturwissenschaftlichen Untersuchungsergebnissen im Fall des einst als Studienarbeit Friedrichs geltenden Dresdner Gemäldes Landschaft mit kahlem Baum (Abb. 2) zu. Stilkritische Zweifel an der Eigenhändigkeit der bisher um 1798 datierten Malerei wurden mit der Auswertung des Infrarotreflektogramms weiter genährt, da sich die grobe, unmotivierte Linienführung der Bleistiftunterzeichnung nicht in Einklang mit den Zeichnungen Friedrichs um 1798 bringen ließ. Die Pigmentanalyse erbrachte schließlich mit dem Nachweis von Chromgelb und Kobaltblau gleich zwei Farbmittel, die erst ab 1810 in der Staffeleimalerei vorkommen.11 Damit ist die Zuschreibung der Landschaft mit kahlem Baum als ein Frühwerk Caspar David Friedrichs hinfällig. ERHALTUNGSZUSTÄNDE Die maltechnischen Untersuchungen werden durch den guten bis sehr guten Erhaltungszustand der Dresdner Gemälde erleichtert. Vier von 1 Caspar David Friedrich Das Kreuz im Gebirge | 1807/08 Detail aus Abb. 1, S. 239 Kruzifix mit farbigen Lichtern auf dünner brauner Untermalung, teils sichtbare Unterzeichnungslinien. 2 unbekannter Künstler (bis 2024 Caspar David Friedrich zugeschrieben) Landschaft mit kahlem Baum | bisher 1798/99 Öl auf Leinwand, 36,5 x 43,5 cm Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Albertinum, Inv. 83/01 Aufgrund von naturwissenschaftlichen Untersuchungsergebnissen lässt sich die Zuschreibung an Friedrich nicht aufrechterhalten.

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