Leseprobe

27 Abb. 2 Herrengrunder Tummler, 18. Jahrhundert, H. 11 cm, Ø 8 cm, Deutsches Bergbau-Museum Bochum, Inv.-Nr. 030006380001. gen niederungarischen Bergbaustädten Schmöllnitz (Smolník), Herrengrund (Špania Dolina) und Neusohl (Banská Bystrica) spätestens seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert eine ganz besondere Popularität. Bereits in der Weltchronik von Hartmann Schedel aus dem Jahr 1493 wird der natürliche Prozess der Umwandlung von Eisen in Kupfer in diesen Bergbauregionen erwähnt: Nw ist hungern ein fruchtper land. Da ist ein wasser flußlein in dem das eysen darein gesenckt zu kupffer wirdt.4 Jährlich besuchten viele Reisende aus ganz Europa die Bergwerke Niederungarns und ließen sich den kuriosen Verwandlungsprozess vorführen.5 Einer dieser Reisenden war der britische Gelehrte Edward Brown (1642–1708). Während seiner Tour durch Teile Ungarns und der Slowakei besuchte er auch die niederungarischen Bergwerke. Der Royal Society in London erstattete er detaillierte Berichte über seine Erlebnisse, die auch in Philosophical Transactions, der Zeitschrift der Society, publiziert wurden.6 Nach seiner Rückkehr veröffentlichte er 1673 eine Reiseschilderung: A Brief Account of Some Travels in Hungaria [...] also with some Observation on the Gold, Silver, Copper, and Quick-Silver mines. Aus seinem Bericht über die Zementwasser in Špania Dolina wird deutlich, dass Brown den Verwandlungsprozess ebenfalls im Kontext einer kosmologisch-alchemischen Vorstellung deutete, die Metalle spezifischen Planeten zuordnete: Gold/Sonne, Silber/Mond, Kupfer/Venus, Eisen/ Mars, Quecksilber/Merkur, Blei/Saturn. Brown führte aus: Es gibt auch zwei Quellen mit Vitriolwasser, die Eisen in Kupfer verwandeln, das alte und das neue Ziment genannt; diese Quellen liegen sehr tief im Bergwerk, und das Eisen wird gewöhnlich vierzehn Tage im Wasser gelassen. Diese Wässer sind sehr vorteilhaft, da die schlechteste Art von Eisen und unbrauchbares altes Eisen in die reinste Art von Kupfer verwandelt wird, das den Vorzug vor anderem Kupfer hat, dehnbarer, formbarer und leichter zu schmelzen zu sein; und ich habe es ohne den Zusatz irgendeiner anderen Substanz geschmolzen, ohne Schwierigkeiten [...]. Von dieser Art Kupfer habe ich eine gute Menge aus dem alten Ziment genommen, und ich habe auch ein Stück Kupfer von der Gestalt eines Herzens genommen, das elf oder zwölf Tage zuvor hineingelegt worden war; es hatte dieselbe Gestalt, war damals aber ebenso vollkommen eisern, wie es heute Kupfer ist. Einige werden dies nicht für eine Transmutation eines Metalls in ein anderes halten, sondern dafür, dass dieses Wasser des Ziments, das mit einem Vitriolum Veneris gesättigt ist und auf einen Körper trifft, der so bereit ist, es zu empfangen, wie der Mars, die Venus ausstößt, die sich sogleich so weit in den Mars eindringt, dass sie dividere & imperare, und schließlich ihren eigenen Körper auswechselt und den des Mars ausstößt [...] Diesen Vorgang, den die Natur in dem Bergwerk auf so merkwürdige Weise vollzieht, habe ich seither von der Kunst nachgeahmt sehen, und zwar mit Erfolg.7 Aus dieser Passage wird deutlich, wie auch Brown seine Reflexion über die Vorgänge in einer affektgeladenen und poetischen Passage über die Vermählung von Venus mit Mars festhielt. Als weiteres Erlebnis in Herrengrund berichtete er über die zahlreichen schönen Kunstgegenstände, die vor Ort hergestellt wurden. Sie sind mit Sprüchen über den wunderbaren Verwandlungsprozess versehen. Er nannte ein Beispiel und bemühte sich gar um eine gereimte englische Übersetzung: Eisen ware [sic!] ich, Kupfer bin ich, Silber trag ich, Gold bedeckt mich (Copper I am, but Iron was of old, Silver I carry, cover’d am with Gold).8 Heute wird der Vorgang der Kupferzementation als elektrochemische Reaktion verstanden, hervorgerufen durch einen Ionenaustausch elektrisch geladener Teilchen. Legt man ein Stück Eisen in ein mit Kupfervitriol gefülltes Gefäß, so geht das im Vitriol als Ion enthaltene Kupfer in ele-

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