73 Seit dem zweiten Drittel des 17. Jahrhunderts bis ins 19. Jahrhundert hinein wurden im heute slowakischen Erzgebirge Kupfergefäße gefertigt, bestehend aus dem im Gebiet um Herrengrund (Špania Dolina) gewonnenen Zementkupfer und verarbeitet überwiegend von Goldschmieden in Neusohl (Banská Bystrica). Die erste sichere Datierung stammt aus dem Jahr 1645, wobei schon von einer früheren Erzeugung ausgegangen wird. Die späteste bisher erfasste Datierung stammt aus dem Jahr 1821, die endgültige Einstellung der Produktion erfolgte vermutlich zwischen den Jahren 1829 und 1842. Die einfachste Form, halbkugelige Becher, fertigten die Kunsthandwerker am häufigsten. Diese werden als sogenannte Tummler (abgeleitet von Taumeln), auch als Bergmanns- oder Stehaufbecher mit der typischen Granulierung der Außenwände durch Hohlkugelpunzen, bezeichnet. Weit verbreitet waren ebenfalls fassförmige Doppelbecher. Seltener finden sich die mit figürlichen Bergmannsdarstellungen aus Silber verzierten Schalen oder Becher. Die kleinen Figuren tragen winzige Mineralstufen oder wurden mit Arbeitsgeräten ausgestattet. Als Besonderheit sind Vexier- oder Scherzbecher anzusehen, die im Inneren über eine gewundene Säule verfügen, über die zu viel eingefüllte Flüssigkeit abfließen kann. Als weitere Spezifika gelten die getriebenen Schalen, in die teilweise Bergbauszenen eingefügt worden sind, sowie auch die Bergmannspokale. Schon immer erfreuten sich die Herrengrunder Kupfergefäße als Geschenkartikel und Andenken einer großen Beliebtheit. Inzwischen äußerst rar, sind sie in der heutigen Zeit zu gesuchten berghistorischen Erinnerungs- und Sammlungsstücken geworden. Eine der überhaupt größten Sammlungen von über 75 Herrengrunder Kupfergefäßen trug seit den 1970er Jahren bis zur heutigen Zeit Bergassessor Dr. h. c. Achim Middelschulte zusammen. Diese Kollektion befindet sich heute als Dauerleihgabe der Achim und Beate Middelschulte-Stiftung im Bergbau- und Gotikmuseum Leogang. Ihr überwiegender Teil stammt aus Nachlässen der alten Bergbaufamilie Middelschulte-Wisselmann. Der Großvater von Achim Middelschulte, Bergassessor Ernst Middelschulte, wurde 1875 geboren und war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in leitenden Positionen des deutschen Steinkohlebergbaus an der Ruhr tätig. Der Vater des Sammlers, Bergassessor Achim Middelschulte sen., fiel am Ende des Zweiten Weltkriegs einige Monate vor der Geburt seines Sohnes. Der Bruder der Großmutter von Achim Middelschulte, Bergassessor Dr. h. c. Heinrich Wisselmann, war als Generaldirektor der Preussag Leiter des bedeutendsten deutschen Bergbauunternehmens zwischen den Weltkriegen und zudem Eigentümer einer großen bergmännischen Porzellansammlung des 18. Jahrhunderts. Die Nachlässe beider Sammler sind in das Eigentum von Achim Middelschulte übergegangen, der mit seiner Ehefrau alles Sammlungsgut für die Einbringung in die Achim und Beate MiddelschulteStiftung bestimmt hat. Literatur Born 1774; Alexander 1927; Kirnbauer/Steiskal-Paur 1959; Steiskal-Paur 1979; Ausst.-Kat. Bochum 1997, S. 153–175, Nr. 43–103; Huber 1997; Huber 2019, S. 25–30. Katalogteil I Herrengrunder Kupfergefäße in der Achim und Beate Middelschulte-Stiftung (Kat.-Nr. 1.1–1.77)
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