56 führte zur Einrichtung von zentralen Versorgungsbehörden oder der Direktion für den Verkauf von Bergbauprodukten in Wien.7 Die kaiserliche Hauptstadt stellte somit ab der Mitte des 16. Jahrhunderts das nächstgelegene politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum dar, und die Bergstädte waren in der Frühen Neuzeit gewissermaßen eine Wiener Industriekolonie. Besonders hervorzuheben ist, dass die niederungarischen beziehungsweise mittelslowakischen Bergstädte im Gegensatz zu ihren starken Bindungen an Wien nur sehr schwache oder gar keine Verbindungen zum Rest des historischen Königreichs Ungarn hatten; sie waren in gewisser Weise politisch und kulturell isoliert und standen nur mit den Siedlungen in ihrer nächsten Umgebung in engerem Austausch, zum Beispiel mit dem teils slowakischen Altsohl (Zvolen), gelegen bei einer königlichen Burg, die der militärische Sitz der Gegend war, oder dem handwerklichen und ebenfalls teils slowakischen Karpfen (Krupina). Und als ich das Zementwasser und seine eigentümliche Reaktion mit Eisen lobte, schenkte er [Verwalter von Herrn-Grundt] mir einige schöne Stücke und eine Kupferkette, die in diesen Quellen entstand. Sie machen auch sehr schöne Becher und Krüge aus dieser Art von Kupfer, und wir tranken aus einem von ihnen, der vergoldet war und in dessen Mitte ein reiches Stück Silbererz befestigt war; und diese Inschrift war auf der Außenseite eingraviert: Eisen ware ich, Kupfer bin ich / Silber trag ich, Goldt bedeckt mich.8 Mit diesen Worten beschrieb Edward Brown (1644–1708) die Herrengrunder Kupfergefäße (Abb. 3; Kat.-Nr. 13). Brown war ein englischer Arzt und Mitglied der Königlichen Gesellschaft in London, der zwischen 1669/70 das Gebiet der heutigen Slowakei besuchte. Es sind solche Worte oder sogar Verse in deutscher, lateinischer und slowakischer Sprache und in mehreren inhaltlichen Varianten, die sich auf die Umwandlung von Eisen in Kupfer beziehen, die einen Anhaltspunkt für die erste Identifizierung der Herkunft bestimmter Gegenstände aus dem 17. und 18. Jahrhundert darstellen.9 Im Zusammenhang mit dem verwendeten Material – Kupfer – finden sich auf ihnen jedoch grundsätzlich keine Meisterzeichen und auch keine geprüften Zunftzeichen einer der Goldschmiedezünfte der mittelslowakischen Bergstädte. In vielen renommierten Sammlungen (unter anderem im Victoria and Albert Museum in London oder im Metropolitan Museum of Art in New York) finden wir die standardisierte und leicht erkennbare Form des einfachen oder doppelten Herrengrunder Bechers oder den traditionellen Typus einer Schale, die als Goldschmiedearbeiten meist aus geschmiedetem Kupfer, manchmal teilvergoldet, mit inszenierten Silberfiguren von Bergleuten, oft ergänzt durch Mineralien, geschaffen Abb. 3 Herrengrunder Schale mit Quarz und zwei Bergleuten, Anfang 18. Jahrhundert, Kupfer, vergoldet, Silber, gegossen, Quarz, Galerie Kugel Paris, Kat.-Nr. 13. Abb. 4 Herrengrunder Doppelbecher in Fassform, 18. Jahrhundert, Kupfer, punziert und graviert, teilweise vergoldet, Inschriften: Ein Kupfern fass ich bin, so eisen gewest noch in; Gottes Kraft, des wassers eigenschaft, eisen zu Kupfer macht, Sammlung Achim und Beate Middelschulte, Kat.-Nr. 1.12. Abb. 5 Herrengrunder Tummler mit Bergmann und Mineralstufe, Mitte 18. Jahrhundert, Kupfer, punziert und graviert, Silber, gegossen, Mineralien, Inschrift: die ankunft mein hart eisen ist das Zimendt Wasser mich zu Kupfer frist, welchs sich zu werwundern ist, Sammlung Achim und Beate Middelschulte, Kat.-Nr. 1.7.
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