Leseprobe

29 Abb. 4 Die Arbeit der Bergleute im Erdenleib steht der Produktion des Alchemikers in der Retorte gegenüber; in: Johann Baptista van Helmont, Opera omnia, Frankfurt 1682, Titelkupfer (Detail), Bayerische Staatsbibliothek München, 4 Med.g. 215. im Vertrag heißt, in festes Metall zu verwandeln, sollte in Filisur angewendet werden. Die potenziellen Erträge aus dieser Kunst sollten zu fünf Sechsteln den Gesellschaftern, Gewerken genannt, und zu einem Sechstel Nußbaum zustehen (Abb. 5).13 Johann von Salis schien große Erwartungen in Nußbaum zu setzen, denn bereits sieben Monate später, am 6. März 1612, zeichneten er und Nußbaum in Filisur einen weiteren Vertrag, diesmal ohne die oben genannten Partner: Der Prager Schmelzexperte verpflichtete sich, sein Secret zur Erzeugung von zwei Mark Gold aus einer Mark preiszugeben. Es wurde auch festgehalten, dass die Vettern Vertemate-Franchi innerhalb eines Monats Partner dieses Handels werden könnten.14 Aus einem dritten Vertrag, der zehn Tage später in Schaffhausen unterzeichnet wurde, geht hervor, dass die Vertemate-Franchi tatsächlich in den Handel einstiegen. Es wird nun auch klar, um welches Secret es sich handelte: Nußbaum verfüge über eine Kunst, mit einem sogenannten Spiritus Veneris Eisen in Kupfer zu verwandeln. Die Verdoppelung des Ertrags von einer Mark Gold in zwei bezieht sich somit auf die Wertsteigerung durch die metallische Transmutation. Nußbaum sollte als Erlös ein Achtel des Filisurer Jahresertrags erhalten, die Gewerken sieben Achtel. Die Abrechnung solle quartalsweise erfolgen.15 Wie unschwer zu erkennen ist, handelte es sich bei der Person Friedrich Nußbaum um einen Alchemiker. Aus den Verträgen geht hervor, dass die Gewerken große Hoffnungen in dessen Künste setzten und auch bereit waren, in diese zu investieren. Die Geschäfte in Filisur liefen schlecht. Ein Verfahren, das versprach, das reichlich vorhandene Eisenerz in Kupfer zu verwandeln, erschien den Gewerken äußerst attraktiv. Über den Ausgang der alchemischen Maßnahmen zur Ertragssteigerung finden sich im Staatsarchiv Graubünden keine Spuren. Ebenfalls im Dunkeln liegen die Herkunft sowie der weitere Werdegang des Alchemikers. Sicher ist jedoch, dass sich weder die in das Verfahren gesetzten Hoffnungen erfüllten, noch das investierte Geld sich auszahlte. Ende 1615 hatte das Filisurer Schmelzwerk bereits über 4 800 Gulden Schulden, im Herbst 1618 stiegen diese Schulden auf 10 000 Gulden.16 Das Beispiel von Filisur war kein Einzelfall. Ganz besonderes Aufsehen zog der Fall des Alchemikers Georg Honauer auf sich. Nachdem sein Versprechen, Eisen in Gold zu verwandeln, missglückte, wurde er am 2. April 1597 mit einem aufwändig inszenierten Spektakel in Stuttgart hingerichtet. Von seiner Hinrichtung zirkulierten zahlreiche Flugblätter.17 Das abgebildete Flugblatt erwähnt in einer direkt am Galgen angebrachten Vignette:

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