ROTES GOLD DAS WUNDER VON HERRENGRUND
Bergbau- und Gotikmuseum Leogang Slovenská národná galéria Bratislava Staatliche Kunstsammlungen Dresden – Grünes Gewölbe Andreas Herzog, Dušan Buran und Marius Winzeler SANDSTEIN DAS WUNDER VON HERRENGRUND Rotes Gold
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7 Zum Geleit WILFRIED HASLAUER Prolog 9 Gottes Macht allein auf Erden, ließ mich aus Eisen Kupfer werden ANDREAS HERZOG, MARIUS WINZELER, DUŠAN BURAN 13 Herrengrund – Špania Dolina – Úrvölgy. Der Ort und sein Wunder in historischen Beschreibungen 20 Deutsch - slowakisch - ungarisch? MARIUS WINZELER 21 Ortsnamenkonkordanz Essays 25 Eisen war ich, Kupfer bin ich, Gold werd’ ich. Das Wunder von Herrengrund TINA ASMUSSEN 37 Handsteine und ihre Bedeutung am Schnittpunkt von Kunst und Naturwissenschaft HENRIKE HAUG 53 Wo sich Eisen in Kupfer verwandelt. Idee und Bedeutung der Herrengrunder Gefäße und der barocken Handsteine aus den mittelslowakischen Bergstädten BARBARA HODÁSOVÁ Katalog 73 Katalogteil I Herrengrunder Kupfergefäße in der Achim und Beate Middelschulte-Stiftung (Kat.-Nrn. 1.1–1.77) 121 Katalogteil II Exponate aus weiteren Sammlungen (Kat.-Nrn. 2–38) Epilog 185 Stein und Salz, Nest und Wachs. Die Skulpturen-Installationen des slowakischen Künstlers Štefan Papčo DUŠAN BURAN Anhang 195 Literatur 200 Autorinnen und Autoren, Leihgeberinnen und Leihgeber, Dank 204 Impressum, Bildnachweis Inhaltsverzeichnis
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25 Die Ankunft mein schwarz Eisen ist, das Ziment Wasser mich zu Kupfer Frist, welches zu verwundern ist. Dieser enigmatische Spruch ist in die Außenseite einer vergoldeten Kupferschale aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts graviert (Abb. 1).1 Die Innenseite gibt den Blick auf eine nackte Venus frei, deren Scham nur von einem schmalen, drapierten Tuch bedeckt ist. In ihrer erhobenen rechten Hand hält sie ein brennendes Herz. Flankiert wird die Liebesgöttin von ihrem Sohn Amor, der ein Bund Pfeile auf seinem Rücken trägt. Mit seinen Händen scheint er nach Venus’ Tuch zu greifen. Kupferobjekte wie diese Schale aus der heute in der Slowakei gelegenen Bergstadt Herrengrund (slowakisch Špania Dolina, ungarisch Úrvölgy) waren zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert äußerst beliebte Sammlungsstücke und füllten die Kunstkammern Europas. Charakteristisch für diese Objekte sind die eingravierten Sprüche, die stets das Wunder der metallischen Verwandlung von Eisen in Kupfer betonen. Etwa: Eisen war ich, Kupfer bin ich, Gold trag ich oder oft auch mit einer stärker alchemisch anmutenden Rhetorik: Mars wird in Venus bald verkehrt, wie heren grund dergleichen lehrt oder Die Mutter hat mich als Eysen hart geboren, doch in der Venus Bad bin ich zu Kupffer worden. Richard Steiskal-Paur hat in seiner Studie Barockes Kupfer zu Herrengrund von 1979 insgesamt 264 dieser Sprüche identifiziert TINA ASMUSSEN Eisen war ich, Kupfer bin ich, Gold werd’ ich Das Wunder von Herrengrund und veröffentlicht.2 Vor diesem materialgeschichtlichen Hintergrund ist die im Innern der Henkelschale abgebildete Venus mehr als nur ein dekoratives Element; ihre Symbolik ist komplexer. Als Personifikation des Metalls Kupfer repräsentiert sie den materiellen Entstehungsprozess des Objekts, das sie verziert. Ein anderes Beispiel, das nicht Venus, sondern Mars ins Zentrum setzt, ist heute im Besitz des Deutschen Bergbau-Museums Bochum. In der Mitte eines sogenannten Herrengrunder Tummlers – eines halbkugelförmigen Gefäßes mit leicht eingedrücktem Boden – steht eine bewaffnete Marsfigur in Rüstung auf einem Sockel (Abb. 2). Die Vignette Mars cum Venere ligata (Mars und Venus sind miteinander verbunden worden) nimmt ebenfalls Bezug auf den Prozess der Vermählung von Eisen (Mars) mit Kupfer (Venus). Das Wissen um die Möglichkeit der Kupfergewinnung aus Eisen durch das Zementationsverfahren war in der Vormoderne nicht auf eine Region beschränkt, sondern in vielen Montanregionen Europas seit dem Mittelalter verbreitet. Auch in China wurde dieses hydrometallurgische Verfahren bereits im 11. Jahrhundert zur Herstellung von Kupfer für die Münzproduktion angewandt.3 Dennoch erhielt das Verfahren der Kupfer-Zementation in den drei wichti
26 Abb. 1 Kupferschale getrieben, gegossen, graviert, vergoldet (Detail), Herrengrund, erste Hälfte 17. Jahrhundert, Achim und Beate Middelschulte Stiftung, Kat.-Nr. 1.67.
27 Abb. 2 Herrengrunder Tummler, 18. Jahrhundert, H. 11 cm, Ø 8 cm, Deutsches Bergbau-Museum Bochum, Inv.-Nr. 030006380001. gen niederungarischen Bergbaustädten Schmöllnitz (Smolník), Herrengrund (Špania Dolina) und Neusohl (Banská Bystrica) spätestens seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert eine ganz besondere Popularität. Bereits in der Weltchronik von Hartmann Schedel aus dem Jahr 1493 wird der natürliche Prozess der Umwandlung von Eisen in Kupfer in diesen Bergbauregionen erwähnt: Nw ist hungern ein fruchtper land. Da ist ein wasser flußlein in dem das eysen darein gesenckt zu kupffer wirdt.4 Jährlich besuchten viele Reisende aus ganz Europa die Bergwerke Niederungarns und ließen sich den kuriosen Verwandlungsprozess vorführen.5 Einer dieser Reisenden war der britische Gelehrte Edward Brown (1642–1708). Während seiner Tour durch Teile Ungarns und der Slowakei besuchte er auch die niederungarischen Bergwerke. Der Royal Society in London erstattete er detaillierte Berichte über seine Erlebnisse, die auch in Philosophical Transactions, der Zeitschrift der Society, publiziert wurden.6 Nach seiner Rückkehr veröffentlichte er 1673 eine Reiseschilderung: A Brief Account of Some Travels in Hungaria [...] also with some Observation on the Gold, Silver, Copper, and Quick-Silver mines. Aus seinem Bericht über die Zementwasser in Špania Dolina wird deutlich, dass Brown den Verwandlungsprozess ebenfalls im Kontext einer kosmologisch-alchemischen Vorstellung deutete, die Metalle spezifischen Planeten zuordnete: Gold/Sonne, Silber/Mond, Kupfer/Venus, Eisen/ Mars, Quecksilber/Merkur, Blei/Saturn. Brown führte aus: Es gibt auch zwei Quellen mit Vitriolwasser, die Eisen in Kupfer verwandeln, das alte und das neue Ziment genannt; diese Quellen liegen sehr tief im Bergwerk, und das Eisen wird gewöhnlich vierzehn Tage im Wasser gelassen. Diese Wässer sind sehr vorteilhaft, da die schlechteste Art von Eisen und unbrauchbares altes Eisen in die reinste Art von Kupfer verwandelt wird, das den Vorzug vor anderem Kupfer hat, dehnbarer, formbarer und leichter zu schmelzen zu sein; und ich habe es ohne den Zusatz irgendeiner anderen Substanz geschmolzen, ohne Schwierigkeiten [...]. Von dieser Art Kupfer habe ich eine gute Menge aus dem alten Ziment genommen, und ich habe auch ein Stück Kupfer von der Gestalt eines Herzens genommen, das elf oder zwölf Tage zuvor hineingelegt worden war; es hatte dieselbe Gestalt, war damals aber ebenso vollkommen eisern, wie es heute Kupfer ist. Einige werden dies nicht für eine Transmutation eines Metalls in ein anderes halten, sondern dafür, dass dieses Wasser des Ziments, das mit einem Vitriolum Veneris gesättigt ist und auf einen Körper trifft, der so bereit ist, es zu empfangen, wie der Mars, die Venus ausstößt, die sich sogleich so weit in den Mars eindringt, dass sie dividere & imperare, und schließlich ihren eigenen Körper auswechselt und den des Mars ausstößt [...] Diesen Vorgang, den die Natur in dem Bergwerk auf so merkwürdige Weise vollzieht, habe ich seither von der Kunst nachgeahmt sehen, und zwar mit Erfolg.7 Aus dieser Passage wird deutlich, wie auch Brown seine Reflexion über die Vorgänge in einer affektgeladenen und poetischen Passage über die Vermählung von Venus mit Mars festhielt. Als weiteres Erlebnis in Herrengrund berichtete er über die zahlreichen schönen Kunstgegenstände, die vor Ort hergestellt wurden. Sie sind mit Sprüchen über den wunderbaren Verwandlungsprozess versehen. Er nannte ein Beispiel und bemühte sich gar um eine gereimte englische Übersetzung: Eisen ware [sic!] ich, Kupfer bin ich, Silber trag ich, Gold bedeckt mich (Copper I am, but Iron was of old, Silver I carry, cover’d am with Gold).8 Heute wird der Vorgang der Kupferzementation als elektrochemische Reaktion verstanden, hervorgerufen durch einen Ionenaustausch elektrisch geladener Teilchen. Legt man ein Stück Eisen in ein mit Kupfervitriol gefülltes Gefäß, so geht das im Vitriol als Ion enthaltene Kupfer in ele-
28 mentares Kupfer über und schlägt sich am Eisen nieder. Bereits innerhalb weniger Sekunden wird dieser Niederschlag sichtbar (Abb. 3). Im Europa der Vormoderne aber wurde die Zementkupferherstellung in der alchemischen Literatur thematisiert. Sie galt lange als Beweis für die Möglichkeit der Metalltransmutation. So liest man in der (Pseudo-)Paracelsischen Schrift De Natura Rerum neun Bücher: Nun ist die transmutation der metallen eine große heimlikeit der natur und mag gar hart und schwerlich geschehen viler anstöß und hindernus halben iedoch ist solches mit nichten wider die Natur, auch nicht wider gotes ordnung [...] mag aber ohne ein tinctur oder den lapidem philosophorum nicht wol geschehen [...] Nun seind aber auch andere transmutationes der fünf unreinen Metallen als zu transmutiren das eysen in kupfer mag in vil weg geschehen.9 Alchemie war aber nicht nur ein wichtiger Schlüssel zum frühneuzeitlichen Verständnis des Zementationsprozesses, sondern darüber hinaus auch ein integraler Bestandteil des frühneuzeitlichen Montanwesens. Eine Sichtweise, die das alchemische Wissen auf gescheiterte Transmutationen, Betrug und Hochstapelei reduziert, verkennt sowohl die wissensgeschichtliche als auch die ökonomische Komplexität, in welche die alchemischen Praktiken eingebunden waren. Zementation oder Transmutation? Über das Verhältnis von Alchemie und Bergbau In der frühneuzeitlichen Literatur zum Berg- und Schmelzwesen nimmt die alchemische Auffassung der Entstehung der Metalle unter dem Einfluss der Planeten sowie des metallischen Wachstums in Analogie zu Pflanzen einen breiten Raum ein.10 In ihrem Wachstum würden sich die Metalle von unedlem zu Edelmetall entwickeln, mit Gold als Endstufe. Viele Gelehrte und Praktiker waren auch überzeugt, dass die Erze in der Lage seien, sich zu regenerieren, sobald die Bergleute die ausgebeuteten Gruben verließen. Metalle wurden somit als belebt, wandelbar, veränderbar und unerschöpflich wahrgenommen. Johannes Mathesius, ein Weggefährte Luthers und Pfarrer der böhmischen Bergstadt St. Joachimsthal (Jáchymov), brachte diese Auffassung in einer seiner Bergpredigten auf den Punkt: Wir Schulbergkleut / wolten das wort / Metal / lieber vom Kriechischen wort herfüren / das verandern oder verwandeln heisset [...] Denn wie wir hernach hören werden /weyl auß einer geringen Bergkart / oder geringen ertz oder metall ein bessers wirdt mit der zeyt / und eins verwandelt sich in das ander / sollen die metal den namen daher bekommen haben.11 Das Problem dieses in der Natur der Metalle angelegten Verwandlungspotenzials war jedoch seine Langsamkeit. Um die Verwandlung ökonomisch profitabel zu machen, versuchten Metallfachleute, den natürlichen Wachstums- und Veredelungsprozess in ihren Werkstätten und Laboratorien künstlich und in kürzerer Zeit zu reproduzieren. Die Geburt und Veredelung der Metalle im Erdenleib und die alchemische Reproduktion und Beschleunigung dieser Vorgänge im Laboratorium waren aufeinander bezogen (Abb. 4).12 Häufig war die Ausgangsressource, auf dem die alchemische Kunst aufzubauen versprach, das kostengünstige und omnipräsente Metall Eisen. Die Hoffnung, kostengünstiges Eisen in ein wertvolleres Metall zu verwandeln, wird in den Bergbauregionen des 16. und 17. Jahrhunderts immer wieder greifbar. So wurde etwa am 29. Juli 1611 im Albulatal in Graubünden (Schweiz) ein besonderer Vertrag abgeschlossen. Er betraf die Bergwerke und das Hüttenwerk in Filisur. Die Vertragspartner waren auf der einen Seite eine Bündner Schmelzgenossenschaft, die sich aus dem Vikar Johann von Salis aus Samaden (Samedan) und den Vettern Niccolò und Ottavio Vertemate-Franchi aus Plurs (Piuro) zusammensetzte. Auf der anderen Seite zeichnete ein Friedrich Nußbaum aus Prag. Nußbaum sollte die Leitung der Bergwerke und des Schmelzwerks in Filisur übernehmen. Die Kunst, jeden metallischen Spiritus, wie es Abb. 3 Versuche im Garten mit Kupfervitriol und Eisen.
29 Abb. 4 Die Arbeit der Bergleute im Erdenleib steht der Produktion des Alchemikers in der Retorte gegenüber; in: Johann Baptista van Helmont, Opera omnia, Frankfurt 1682, Titelkupfer (Detail), Bayerische Staatsbibliothek München, 4 Med.g. 215. im Vertrag heißt, in festes Metall zu verwandeln, sollte in Filisur angewendet werden. Die potenziellen Erträge aus dieser Kunst sollten zu fünf Sechsteln den Gesellschaftern, Gewerken genannt, und zu einem Sechstel Nußbaum zustehen (Abb. 5).13 Johann von Salis schien große Erwartungen in Nußbaum zu setzen, denn bereits sieben Monate später, am 6. März 1612, zeichneten er und Nußbaum in Filisur einen weiteren Vertrag, diesmal ohne die oben genannten Partner: Der Prager Schmelzexperte verpflichtete sich, sein Secret zur Erzeugung von zwei Mark Gold aus einer Mark preiszugeben. Es wurde auch festgehalten, dass die Vettern Vertemate-Franchi innerhalb eines Monats Partner dieses Handels werden könnten.14 Aus einem dritten Vertrag, der zehn Tage später in Schaffhausen unterzeichnet wurde, geht hervor, dass die Vertemate-Franchi tatsächlich in den Handel einstiegen. Es wird nun auch klar, um welches Secret es sich handelte: Nußbaum verfüge über eine Kunst, mit einem sogenannten Spiritus Veneris Eisen in Kupfer zu verwandeln. Die Verdoppelung des Ertrags von einer Mark Gold in zwei bezieht sich somit auf die Wertsteigerung durch die metallische Transmutation. Nußbaum sollte als Erlös ein Achtel des Filisurer Jahresertrags erhalten, die Gewerken sieben Achtel. Die Abrechnung solle quartalsweise erfolgen.15 Wie unschwer zu erkennen ist, handelte es sich bei der Person Friedrich Nußbaum um einen Alchemiker. Aus den Verträgen geht hervor, dass die Gewerken große Hoffnungen in dessen Künste setzten und auch bereit waren, in diese zu investieren. Die Geschäfte in Filisur liefen schlecht. Ein Verfahren, das versprach, das reichlich vorhandene Eisenerz in Kupfer zu verwandeln, erschien den Gewerken äußerst attraktiv. Über den Ausgang der alchemischen Maßnahmen zur Ertragssteigerung finden sich im Staatsarchiv Graubünden keine Spuren. Ebenfalls im Dunkeln liegen die Herkunft sowie der weitere Werdegang des Alchemikers. Sicher ist jedoch, dass sich weder die in das Verfahren gesetzten Hoffnungen erfüllten, noch das investierte Geld sich auszahlte. Ende 1615 hatte das Filisurer Schmelzwerk bereits über 4 800 Gulden Schulden, im Herbst 1618 stiegen diese Schulden auf 10 000 Gulden.16 Das Beispiel von Filisur war kein Einzelfall. Ganz besonderes Aufsehen zog der Fall des Alchemikers Georg Honauer auf sich. Nachdem sein Versprechen, Eisen in Gold zu verwandeln, missglückte, wurde er am 2. April 1597 mit einem aufwändig inszenierten Spektakel in Stuttgart hingerichtet. Von seiner Hinrichtung zirkulierten zahlreiche Flugblätter.17 Das abgebildete Flugblatt erwähnt in einer direkt am Galgen angebrachten Vignette:
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53 Was sind die Eigenschaften der dortigen Grubenwässer und wie verlaufen die Versuche mit Metallen?, fragte der Jesuit und barocke Universalgelehrte Athanasius Kircher (1602–1680) zu Beginn seines Fragebogens über Herrengrund (slowakisch: Špania Dolina, ungarisch: Úrvölgy) im ikonischen und visuell ansprechenden Werk Mundus subterraneus (erstmals veröffentlicht 1665, Abb. 1). Johann Schapelmann, der örtliche Bergwerksmeister, antwortete: In unserer Stadt Neusohl ist es das Zementwasser, in dem Eisen in Kupfer umgewandelt wird.1 Kirchers umfangreiche Publikation Mundus subterraneus ist der Erklärung der universellen Ordnung der Welt unter der Erde gewidmet, dem Verständnis ihrer inneren Energien oder der unvorhersehbaren Bewegungen in ihrem Herzen. Dabei ist es einem wissenschaftlichen Korrespondenten Kirchers zur Zeit der Abfassung des Werkes, dem Jesuiten Andreas Schaffer (1612–1674), zu verdanken, dass darin ganz selbstverständlich auch die heute mittelslowakischen Bergstädte auf mehreren Seiten behandelt sind. Einerseits arbeitete Schaffer bei der Fertigstellung des wissenschaftlichen Quaestionariums intensiv mit lokalen Bergbauexperten zusammen, insbesondere mit Johann Schapelmann in Herrengrund, und andererseits stand er in regem Austausch mit Athanasius Kircher.2 Ihr gemeinsames Bemühen, ein Bild der damaligen ungarischen Bergwerke zu vermitteln, führte zu Informationen über Mineral- oder Grundwasser, über verschiedene besonders wichtige oder BARBARA HODÁSOVÁ Wo sich Eisen in Kupfer verwandelt Idee und Bedeutung der Herrengrunder Gefäße und der barocken Handsteine aus den mittelslowakischen Bergstädten einzigartige lokale Mineralien, Bergbaumaschinen und -technologien sowie über lokale Bäder oder Kuriositäten im Sinne zeitgenössischer »Wunder« der Natur, insbesondere in Schemnitz (slowakisch: Banská Štiavnica, ungarisch: Selmecbánya) und Herrengrund. Dort wurde im 17. Jahrhundert mit der Nutzung von natürlichem sogenanntem Zementwasser begonnen, das durch die Oxidation von Sulfidmineralien und ihre Umwandlung in Sulfate entstand, die im Wasser, das zu ihnen durchsickerte, leicht löslich waren. Dabei handelte es sich um eine Lösung von Blaustein (CuSO4 · 5 H2O), aus welcher Kupfer durch metallisches Eisen in Form von Schlamm ausgefällt werden konnte. Der chemische Prozess kam durch Oxidation von Kupferkies oder Chalkopyrit in Gang. Die Entdeckung von natürlichem Zementwasser ist durch Quellen aus dem Jahr 1605 belegt, seitdem wurde es in Herrengrund und Sandberg (slowakisch: Piesky) auch wirtschaftlich genutzt. Dies wird durch den folgenden Text im Goldenen Bergbuch von 1764 bestätigt: Außer den Erzvorkommen gibt es im Feld Nr. 3 und Nr. 8, im mittleren Kammerfeld, im Feld Nr. 5 und im Neuen Feld Zementwasser, das die Eigenschaft hat, aus Eisen Kupfer zu machen, oder besser gesagt, die Kupferteilchen, die das Wasser enthält, lagern sich auf dem ins Wasser gelegten Eisen ab. Auf diese Weise zerfrisst das Wasser das Eisen.3 Dieses Wasser wurde in speziellen Behältern gesammelt, in denen sich verschiedene alte und neue Eisenstücke befanden. Das
54 Abb. 1 Systema Ideale Pyrophylaciorum Subterraneorum (Die vulkanische Tätigkeit der Erde), in: Athanasii Kircheri E Soc. Jesu Mundus subterraneus In XII Libros digestus [...] Amstelodami 1665, Tom., I.180, Univerzitná knižnica Bratislava. ausgelaugte Kupfer setzte sich auf dem Eisen als brauner Schlamm ab, der wöchentlich abgewaschen wurde, damit das Wasser erneut auf das Eisen einwirken konnte (Abb. 2). Der vom Eisen abgewaschene Schlamm wurde gesammelt, bis eine größere Menge vorhanden war, die zur Schmelzhütte gebracht und zu Kupfer verhüttet wurde. Solche grundlegenden Angaben zur »Transmutation« von Metallen in Herrengrund, worin sich die Träume spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Alchemisten verwirklichten, waren in der zeitgenössischen wissenschaftlichen und technischen Literatur populär und häufig anzutreffen. Die Entdeckung von Zementwässern im frühen 17. Jahrhundert im Bergbaurevier von Neusohl (slowakisch: Banská Bystrica, ungarisch: Bestercebánya) löste ein großes Echo aus und galt als Sensation. Die Verbreitung des Wissens über dieses Naturphänomen blieb jedoch – was für die Frühe Neuzeit besonders charakteristisch ist – nicht auf die von Reisenden und Wissenschaftlern, insbesondere Bergbauspezialisten, formulierten Texte begrenzt, sondern erfuhr eine Erweiterung um symbolische visuelle Darstellungen in Goldschmiedearbeiten. Das Gesamtbild wurde also von Künstlern oder Handwerkern geformt, um parallel zum Text auch als visuelles Objekt einprägsam zu
55 Abb. 2 Schnitt durch den Untergrund von Herrengrund. Kupferstich in: Ferdinando Luigi Marsigli, Danubius Pannonico-mysicus. Observationibus geographicis, astronomicis, hydrographicis, historicis, physicis, perlustratus et in sex tomos digestus. [...] Hagæ Comitum [...] Amstelodami 1726, Tom. III, Tab. XI., Slovenská národná knižnica Martin (vgl. große Abbildung S. 32 f.). sein. Eine solche Zusammenschau des Weltbildes (imago mundi oder theatrum mundi) durch Texte und Bilder erfuhr dann in der Kunstkammer ihre Vollendung und Materialisierung.4 In der Frühen Neuzeit waren Wissenschaft und Kunst viel stärker miteinander verwoben als in der Gegenwart. Aus heutiger Sicht, die von der aufgeklärten Kategorisierung der Welt geprägt ist und zwischen dem Naturkundemuseum, der Antikensammlung, dem Kunstmuseum und dem technischen Museum unterscheidet, kann das für uns schwer verständliche und konzeptuell organisierte frühneuzeitliche Museum des Wissens – die Kunstkammer – als eine Art Sammelort oder imaginärer Raum verstanden werden, in dem nichts seine wirkliche Bedeutung hat, sondern alles auf der Vorstellungskraft, der Leidenschaft und dem Genuss des Besuchers beruht. Das Konzept der Kunstkammer in Renaissance und Barock zielte auf das Besondere, Außergewöhnliche oder Einzigartige ab, das in ein für jede Sammlung und ihren Eigentümer singuläres und spezifisches Ordnungssystem eingegliedert und entsprechend reflektiert wurde. Die Aufgabe der Kunstkammer bestand auch darin, die Betrachtenden mit dem menschlichen Gedächtnis zu assoziieren: Die Objekte in der Kunstkammer sollten für ihren Platz im menschlichen Bewusstsein beziehungsweise ihre Unterbringung im Gedächtnis stehen. Durch das Auge gelangten die Bilder der Außenwelt nach innen in den Geist der Betrachtenden und füllten ihn nach und nach, wobei sich dieser innere Raum in der kartesianischen Philosophie (René Descartes, 1595–1650) als Interieur materialisierte, das schrittweise mit Mobiliar eingerichtet wurde, oder als Sammlung einer Kunstkammer mit verschiedenen Artefakten. Die kleine Struktur konnte auf diese Weise die große widerspiegeln, deren Bild untermauern und vorzeichnen – sie konnte den Makrokosmos im Mikrokosmos erfassen. Befasst man sich näher mit der ehemaligen kaiserlichen Sammlung der Habsburger in Wien, die heute auf mehrere Institutionen aufgeteilt ist, findet man dort aus den heute in der Mittelslowakei gelegenen Bergbauregionen vor allem Mineralien (Naturhistorisches Museum Wien)5 und kunsthandwerkliche Objekte wie Handsteine oder die sogenannten Herrengrunder Kupfergefäße. Diese Artefakte stellten in der Frühen Neuzeit nicht nur Kunstkammerobjekte dar, sondern symbolisierten auch die Unterordnung der Bergbauregion. Bereits 1548 gelangten folgende Städte unter die direkte Verwaltung von Kaiser Ferdinand I.: Schemnitz, Kremnitz (Kremnica, Körmöcbánya), Neusohl, Königsberg (Nová Baňa, Újbánya), Bugganz oder Pikanz (Pukanec, Bakabánya), Dilln (Banská Belá, Bélabánya), Libethen (Ľubietová, Libetbánya). Zudem galt dies für umliegende Siedlungen und die Bergwerkskammern von Schemnitz und Kremnitz, Bergwerke und Hütten sowie Schlösser und Burgen in Altsohler Liptsche (Ľupča, Zólyomlipcse), Döbring (Dobrá Niva, Dobronya) und Wigles oder Wegles (Vígľaš, Végles).6 Gleichzeitig beendete dieser Zeitpunkt chronologisch die unklaren Zuständigkeiten der Bergstädte in der Zeit nach der Schlacht von Mohács (1526–1548). Die Städte, die in frühneuzeitlichen Quellen als »Niederungarische Bergstädte« bezeichnet werden und bis 1683 in der Grauzone der osmanischen Bedrohung lagen, gerieten in der Folgezeit in immer stärkere Abhängigkeit von Wien. Der Jurisdiktion zufolge wurden sie von der Niederösterreichischen Kammer durch einen Kammergrafen verwaltet. Dessen Status entwickelte sich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts von dem eines Beamten zu jenem einer bedeutenden Institution, dem Kammergrafamt mit großen Befugnissen und einem weiten territorialen Geltungsbereich mit Sitz in Schemnitz. Im 18. Jahrhundert wurde das gesamte private und staatliche Bergbaugeschäft in den mittelslowakischen Bergstädten von lokalen und Wiener Beamten im Detail kontrolliert. Die Zentralbehörden überwachten praktisch das gesamte Leben der Bergstädte, nicht nur das Bergbaugeschäft selbst und die Münzstätte in Kremnitz, sondern auch die Forstwirtschaft, die Kohleförderung für die Hüttenwerke, die Eisenhütten, die Herstellung und Lagerung von Schießpulver, die Gewinnung und Lieferung von Blei, Quecksilber und Speisesalz sowie von Lebensmitteln. Diese Aufsicht über das tägliche Leben in den Bergstädten
56 führte zur Einrichtung von zentralen Versorgungsbehörden oder der Direktion für den Verkauf von Bergbauprodukten in Wien.7 Die kaiserliche Hauptstadt stellte somit ab der Mitte des 16. Jahrhunderts das nächstgelegene politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum dar, und die Bergstädte waren in der Frühen Neuzeit gewissermaßen eine Wiener Industriekolonie. Besonders hervorzuheben ist, dass die niederungarischen beziehungsweise mittelslowakischen Bergstädte im Gegensatz zu ihren starken Bindungen an Wien nur sehr schwache oder gar keine Verbindungen zum Rest des historischen Königreichs Ungarn hatten; sie waren in gewisser Weise politisch und kulturell isoliert und standen nur mit den Siedlungen in ihrer nächsten Umgebung in engerem Austausch, zum Beispiel mit dem teils slowakischen Altsohl (Zvolen), gelegen bei einer königlichen Burg, die der militärische Sitz der Gegend war, oder dem handwerklichen und ebenfalls teils slowakischen Karpfen (Krupina). Und als ich das Zementwasser und seine eigentümliche Reaktion mit Eisen lobte, schenkte er [Verwalter von Herrn-Grundt] mir einige schöne Stücke und eine Kupferkette, die in diesen Quellen entstand. Sie machen auch sehr schöne Becher und Krüge aus dieser Art von Kupfer, und wir tranken aus einem von ihnen, der vergoldet war und in dessen Mitte ein reiches Stück Silbererz befestigt war; und diese Inschrift war auf der Außenseite eingraviert: Eisen ware ich, Kupfer bin ich / Silber trag ich, Goldt bedeckt mich.8 Mit diesen Worten beschrieb Edward Brown (1644–1708) die Herrengrunder Kupfergefäße (Abb. 3; Kat.-Nr. 13). Brown war ein englischer Arzt und Mitglied der Königlichen Gesellschaft in London, der zwischen 1669/70 das Gebiet der heutigen Slowakei besuchte. Es sind solche Worte oder sogar Verse in deutscher, lateinischer und slowakischer Sprache und in mehreren inhaltlichen Varianten, die sich auf die Umwandlung von Eisen in Kupfer beziehen, die einen Anhaltspunkt für die erste Identifizierung der Herkunft bestimmter Gegenstände aus dem 17. und 18. Jahrhundert darstellen.9 Im Zusammenhang mit dem verwendeten Material – Kupfer – finden sich auf ihnen jedoch grundsätzlich keine Meisterzeichen und auch keine geprüften Zunftzeichen einer der Goldschmiedezünfte der mittelslowakischen Bergstädte. In vielen renommierten Sammlungen (unter anderem im Victoria and Albert Museum in London oder im Metropolitan Museum of Art in New York) finden wir die standardisierte und leicht erkennbare Form des einfachen oder doppelten Herrengrunder Bechers oder den traditionellen Typus einer Schale, die als Goldschmiedearbeiten meist aus geschmiedetem Kupfer, manchmal teilvergoldet, mit inszenierten Silberfiguren von Bergleuten, oft ergänzt durch Mineralien, geschaffen Abb. 3 Herrengrunder Schale mit Quarz und zwei Bergleuten, Anfang 18. Jahrhundert, Kupfer, vergoldet, Silber, gegossen, Quarz, Galerie Kugel Paris, Kat.-Nr. 13. Abb. 4 Herrengrunder Doppelbecher in Fassform, 18. Jahrhundert, Kupfer, punziert und graviert, teilweise vergoldet, Inschriften: Ein Kupfern fass ich bin, so eisen gewest noch in; Gottes Kraft, des wassers eigenschaft, eisen zu Kupfer macht, Sammlung Achim und Beate Middelschulte, Kat.-Nr. 1.12. Abb. 5 Herrengrunder Tummler mit Bergmann und Mineralstufe, Mitte 18. Jahrhundert, Kupfer, punziert und graviert, Silber, gegossen, Mineralien, Inschrift: die ankunft mein hart eisen ist das Zimendt Wasser mich zu Kupfer frist, welchs sich zu werwundern ist, Sammlung Achim und Beate Middelschulte, Kat.-Nr. 1.7.
57 wurden (Abb. 4). Überraschenderweise handelt es sich dabei um Artefakte, die außerhalb der Slowakei viel zahlreicher erhalten sind als in ihrem Herkunftsgebiet (Abb. 5). Dabei scheint es geradezu eine Massenproduktion von Bechern, Schalen und Schüsseln, Salzstreuern oder Zuckerdosen, Tabak- oder kleinen Schmuckdosen, Tabletts, Teekannen und Schokoladen- oder Teetassen und – seltener – auch von Kelchen oder Pokalen gegeben zu haben. Dieses gesamte Repertoire wird etwa in der umfangreichen Sammlung von Herrengrunder Artefakten im Kunstgewerbemuseum in Budapest (Iparművészeti Museum) dokumentiert.10 Ein visuelles Mittel zur eindeutigen Identifizierung der Herkunft dieser Objekte ist ihre meist ziselierte Oberfläche, die nach Ansicht einiger Autoren die Oberfläche einer Kokosnuss, nach anderen Ansichten die eines Fisches oder eines Schlangenkörpers imitiert. Edward Browns persönliche Beobachtung, die durch die starke Verbreitung dieser Werke über das Gebiet der heutigen Slowakei hinaus kontextualisiert werden kann, ist ein Beweis dafür, dass insbesondere Schalen und Becher die Funktion lokaler Souvenirs und Erinnerungsstücke hatten. Kehren wir zur Repräsentation der mittelslowakischen Bergstädte in den damaligen Sammlungen zeitgenössischer Kunst – den Kunstkammern – zurück, ist darin ein weiterer Typus von kunsthandwerklichen Objekten vertreten: der Handstein.11 Die Etymologie des Begriffs bezieht sich sowohl im Deutschen als auch im Lateinischen – lapis manualis – ausdrücklich auf ausgewählte Erzstücke von der Größe einer menschlichen Hand, die vor allem wegen ihrer Seltenheit oder der besonders qualitätsvollen Zusammensetzung der Probe oder auch aufgrund visueller Kriterien geschätzt wurden (vgl. den Beitrag von Henrike Haug in diesem Band, S. 37–51). Schon in der Sammlung Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1529–1595) auf Schloss Ambras befanden sich im dritten, dem roten Kasten, 41 Handsteine; ebenso waren im Inventar aus den Jahren 1607 bis 1611 der Prager Sammlung des Kaisers Rudolf II. (1552–1612) mehrere Handsteine verzeichnet. Davon befinden sich noch heute einige dutzend Stück in Wien, vor allem solche aus St. Joachimsthal (Jáchymov) aus dem letzten Drittel des 16. Jahrhunderts, denen meist mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird als den Artefakten aus mittelslowakischen Bergstädten oder anderen bedeutenden europäischen Bergbauzentren der Frühen Neuzeit. Soweit es hier jedoch um das Gebiet der Mittelslowakei geht, sind Quellennachrichten aus der gesamten Frühen Neuzeit über die gezielte Suche nach repräsentativen Handsteinen beziehungsweise Stufen bekannt, wie die Erzproben im Umfeld der mittelslowakischen Bergstädten genannt wurden. Dies gilt nicht nur für die Stufen, die in erster Linie für die kaiserlichen Sammlungen bestimmt waren und später in die mineralogische Sammlung des heutigen Naturhistorischen Museums Wien aufgenommen wurden. Das Bemühen, die mittelslowakischen Bergbaustätten in frühneuzeitlichen musealen Sammlungen abzubilden, ist auch in entfernteren intellektuellen Zentren zu bemerken. Der bereits erwähnte Jesuit Andreas Schaffer zum Beispiel sammelte, inventarisierte und sandte Proben von Erzen und Mineralien aus dem Gebiet der mittelslowakischen Bergstädte an Athanasius Kircher für dessen römisches Museum Kircherianum. 1775 wurde eine große Sendung mit Proben zusammengestellt und an die Bergakademie in Freiberg versandt, 1781 an das Kabinett für Naturwissenschaft in Paris (seit 1793 Muséum national d’Histoire naturelle); 1802 wurden sogar mehrere Kisten mit Proben an das Jesuitenkolleg in Cambridge gesandt.12 Vor allem im 18. Jahrhundert dienten Proben aus den mittelslowakischen Bergstädten, insbesondere von Gold und Silber, Quarzkristallen, Sulfiden wie Pyrit, Chalkopyrit, Argentit, Antimonit, Stephanit, Galenit, Markasit, Proustit, Zinnober, Baryt usw., oder Karbonaten wie Aragonit, Azurit, Malachit, Dolomit oder Calcit als Grundlage für die Schaffung größerer Objekte.13 Im Unterschied zu St. Joachimsthal oder Tirol, wo schon ab Mitte des 16. Jahrhunderts einige Stufen zu kleinen Kunstwerken als Objekte der Bewunderung weiterverarbeitet wurden, wobei durch das Arrangement kleiner Figuren entweder die Tätigkeiten des Bergbaus illustriert oder verschiedene biblische und mythologische Szenen dargestellt wurden, lassen sich die bekannten oder erhaltenen Objekte aus den mittelslowakischen Bergstädten erst in das 18. Jahrhundert datieren. Diese wurden vielmehr in einer aktuelleren Form des Milieus de la Table – des barocken Tafelschmucks – gestaltet, einschließlich kleiner Gefäße für Salz, Pfeffer und andere Gewürze. Derzeit befinden sich knapp zwanzig derartige barocke Handsteine in den Sammlungen in Wien (Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums; Museum für Angewandte Kunst), im Stift St. Florian, im Chorherrenstift Klosterneuburg, in Bochum (Deutsches Bergbau- Museum) und in Aachen (Suermondt-Ludwig-Museum), Siegen (Siegerlandmuseum) sowie in Budapest (Magyar Nemzeti Múzeum; Iparművészeti Múzeum) und in Privatsammlungen (Abb. 6).14
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73 Seit dem zweiten Drittel des 17. Jahrhunderts bis ins 19. Jahrhundert hinein wurden im heute slowakischen Erzgebirge Kupfergefäße gefertigt, bestehend aus dem im Gebiet um Herrengrund (Špania Dolina) gewonnenen Zementkupfer und verarbeitet überwiegend von Goldschmieden in Neusohl (Banská Bystrica). Die erste sichere Datierung stammt aus dem Jahr 1645, wobei schon von einer früheren Erzeugung ausgegangen wird. Die späteste bisher erfasste Datierung stammt aus dem Jahr 1821, die endgültige Einstellung der Produktion erfolgte vermutlich zwischen den Jahren 1829 und 1842. Die einfachste Form, halbkugelige Becher, fertigten die Kunsthandwerker am häufigsten. Diese werden als sogenannte Tummler (abgeleitet von Taumeln), auch als Bergmanns- oder Stehaufbecher mit der typischen Granulierung der Außenwände durch Hohlkugelpunzen, bezeichnet. Weit verbreitet waren ebenfalls fassförmige Doppelbecher. Seltener finden sich die mit figürlichen Bergmannsdarstellungen aus Silber verzierten Schalen oder Becher. Die kleinen Figuren tragen winzige Mineralstufen oder wurden mit Arbeitsgeräten ausgestattet. Als Besonderheit sind Vexier- oder Scherzbecher anzusehen, die im Inneren über eine gewundene Säule verfügen, über die zu viel eingefüllte Flüssigkeit abfließen kann. Als weitere Spezifika gelten die getriebenen Schalen, in die teilweise Bergbauszenen eingefügt worden sind, sowie auch die Bergmannspokale. Schon immer erfreuten sich die Herrengrunder Kupfergefäße als Geschenkartikel und Andenken einer großen Beliebtheit. Inzwischen äußerst rar, sind sie in der heutigen Zeit zu gesuchten berghistorischen Erinnerungs- und Sammlungsstücken geworden. Eine der überhaupt größten Sammlungen von über 75 Herrengrunder Kupfergefäßen trug seit den 1970er Jahren bis zur heutigen Zeit Bergassessor Dr. h. c. Achim Middelschulte zusammen. Diese Kollektion befindet sich heute als Dauerleihgabe der Achim und Beate Middelschulte-Stiftung im Bergbau- und Gotikmuseum Leogang. Ihr überwiegender Teil stammt aus Nachlässen der alten Bergbaufamilie Middelschulte-Wisselmann. Der Großvater von Achim Middelschulte, Bergassessor Ernst Middelschulte, wurde 1875 geboren und war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in leitenden Positionen des deutschen Steinkohlebergbaus an der Ruhr tätig. Der Vater des Sammlers, Bergassessor Achim Middelschulte sen., fiel am Ende des Zweiten Weltkriegs einige Monate vor der Geburt seines Sohnes. Der Bruder der Großmutter von Achim Middelschulte, Bergassessor Dr. h. c. Heinrich Wisselmann, war als Generaldirektor der Preussag Leiter des bedeutendsten deutschen Bergbauunternehmens zwischen den Weltkriegen und zudem Eigentümer einer großen bergmännischen Porzellansammlung des 18. Jahrhunderts. Die Nachlässe beider Sammler sind in das Eigentum von Achim Middelschulte übergegangen, der mit seiner Ehefrau alles Sammlungsgut für die Einbringung in die Achim und Beate MiddelschulteStiftung bestimmt hat. Literatur Born 1774; Alexander 1927; Kirnbauer/Steiskal-Paur 1959; Steiskal-Paur 1979; Ausst.-Kat. Bochum 1997, S. 153–175, Nr. 43–103; Huber 1997; Huber 2019, S. 25–30. Katalogteil I Herrengrunder Kupfergefäße in der Achim und Beate Middelschulte-Stiftung (Kat.-Nr. 1.1–1.77)
74 1.1 Doppeltummler mit Bergmann und Mineral Herrengrund (Špania Dolina), Ende 18. Jahrhundert Kupfer, getrieben, punziert, graviert, vergoldet; Silber, Mineralstufe H. 9,5 cm, Ø 7 cm Achim und Beate Middelschulte-Stiftung, Nr. 1 1.2 Dose Herrengrund (Špania Dolina), 1740 Kupfer, getrieben, graviert, innen ehemals versilbert H. 1,3 cm, Ø 6,5 cm Achim und Beate Middelschulte-Stiftung, Nr. 2 Zwei zusammengehörige Becher von gestreckt halbkugeliger Form, die mit dem Lippenrand aufeinander gesteckt werden können, im Inneren des unteren Teils befindet sich eine zylindrische Mittelsäule mit kleiner Plattform, darauf ein kniender silberner Bergknappe, der mit einem Schlägel eine Erzstufe bearbeitet. Inschriften: Greifst Du mich ungeschickt, so ist der Wein entronnen; So wahr aus Eisen ich und Herrengrund gekomen. Runde, flache Deckeldose, der Deckel mit graviertem Dekor. Inschrift auf der Unterseite: In Mier / sicht Man Ein Wundr / ding Vor eisen War / itz Kupfer bin / 1740.
75 1.3 Ananasschale Herrengrund (Špania Dolina), Ende 17. Jahrhundert Kupfer, getrieben, graviert, vergoldet H. 5 cm, B. 11 cm, T. 6,7 cm Leihgabe Achim und Beate Middelschulte-Stiftung, Nr. 3 1.4 Muschelschale Herrengrund (Špania Dolina), Ende 17./Anfang 18. Jahrhundert Kupfer, getrieben, graviert, vergoldet H. 9,8 cm, B. 14,9 cm, T. 9,5 cm Leihgabe Achim und Beate Middelschulte-Stiftung, Nr. 4 Sechspassige, rundliche Henkelschale mit steil aufgezogener Seitenwand. Inschrift: AVS EISEN / KUPFER WIRDT / DASSELB MIT / GOLD GEZIRT / DIE SILBER STUffEN FIHRT. Schale in Nautilusform mit kleinem, kegelförmigem Fuß. Inschrift (umlaufend): DIE ANKVNFT MEIN WAHR EISEN HARDT. IM BERCKWERCK MUST ICH GRABEN STARK. DA MAN MICH NICHT MER BRAUCHEN KUNDT / DA WARF MAN MICH IN ZIEMENT GRUNDT / DAS ZIEMENT WASSER ZU KUPFER MICH TEMPERIERT / BIN WORDEN EIN SCHAL MIT GOLT GECIRT.
76 1.5 Dose Herrengrund (Špania Dolina), 1725 Kupfer, getrieben, graviert, innen vergoldet H. 2,2 cm, B. 8,5 cm, T. 6,7 cm Leihgabe Achim und Beate Middelschulte-Stiftung, Nr. 5 1.6 Schale Casparus Wüerll Herrengrund (Špania Dolina), 1645 (eine der frühesten Herrengrunder Datierungen) Kupfer, getrieben, graviert, vergoldet H. 3,2 cm, B. 14 cm, T. 11,7 cm Achim und Beate Middelschulte-Stiftung, Nr. 6 Flache, ovale Deckeldose, Deckel mit graviertem Blätterkranz und Blumenmuster im Zentrum. Inschrift auf der Unterseite: Die ankunft / mein war eisen hardt / in bergwerk must ich graben / Stark, daman mich nicht mehr brachen kundt, warf man mich / in den ciment grundt, das cim= / ment waser mich zu kupfer / Temperirt, ietz bin ich / eine tosen mit goldt / geziert. / 1725. Boden mit getriebener Darstellung des knabenhaften Merkur mit Caduceus (= geflügelter Botenstab). Inschrift: Die AnKunfft mein war Eisen hart, Im berg / Werck must ich graben Starck. Da man mich / nicht mer brachen kunt, Warff man mich / in den Zyment grund. Das Wasser Zu Kupffer / mich Temperirt. Bich Worden ein Schallen mit golt geZirt.
77 1.7 Tummler mit Bergmann und Mineralstufe Herrengrund (Špania Dolina), Mitte 18. Jahrhundert Kupfer, getrieben, punziert, graviert, vergoldet; Silber, Mineral H. 10 cm, Ø 6,9 cm Achim und Beate Middelschulte-Stiftung, Nr. 7 1.8 Tummler Herrengrund (Špania Dolina), 1752 Kupfer, getrieben, punziert, graviert, vergoldet H. 4,4 cm, Ø 7 cm Achim und Beate Middelschulte-Stiftung, Nr. 8 Halbkugelförmiger Becher mit zwei gegenüberliegenden Kartuschen. Auf einer schlanken Mittelsäule mit Plattform steht ein silberner Bergmann und hält mit beiden Armen und auf dem Kopf abgestützt eine in Kupfer gefasste Pyritstufe. Inschrift: die ankunft mein hart eisen ist das Zimendt Wasser mich zu Kupfer frist, welchs sich zu werwundern ist. Inschrift: Napi Se dobreho wina Janicku Nakriwia sobie czepicku .1.7.5 2. [Trink dich an mit gutem Wein, Hänschen, setz Dir schief das Mützchen auf].
78 1.9 Kaffeekanne Herrengrund (Špania Dolina), 1. Hälfte 19. Jahrhundert Kupfer, getrieben, punziert, graviert, vergoldet H. 15,6 cm, Ø 7,1 cm Achim und Beate Middelschulte-Stiftung, Nr. 9 Kanne mit Schnabelausguss und Standfuß, Wandung mit Schlangenhautpunzierung, Scharnierdeckel mit aufgelegtem Fruchtknauf. Derartige Geschirrobjekte (Kannen, Tassen, Kasserollen) sind charakteristisch für die letzte Produktionsperiode der Herrengrunder Gefäße.
79 1.10 Tummler Herrengrund (Špania Dolina), 1814 Kupfer, getrieben, punziert, graviert, vergoldet H. 5,3 cm, Ø 7,5 cm Achim und Beate Middelschulte-Stiftung, Nr. 10 Inschrift: 1812 mit Brantwein, 1813 mit Rheinwein, 1814 mit Burgunder, gab er Glauben an jene Wunder. 1.11 Schale Herrengrund (Špania Dolina), Ende 17. Jahrhundert Kupfer, getrieben, graviert, vergoldet; drei silberne Bergmannsfiguren H. 4,5 cm, B. 17 cm, T. 15,5 cm Achim und Beate Middelschulte-Stiftung, Nr. 11 Achtpassige Henkelschale. Am Boden sind ein Drache, Blattranken und Volutenschwünge dargestellt. Auf kleinen halbkugelförmigen Postamenten befinden sich drei silberne Bergmannsfiguren. Inschrift: EISEN WAR ICH / KVPFER BIN ICH / SILBER TRAG ICH / GOLT BEDEHT MICH.
108 1.59 Kanne Herrengrund (Špania Dolina), 19. Jahrhundert Kupfer, getrieben, punziert, komplett vergoldet; ebonisiertes Holz 21,3 cm, Ø Fuß: 8,5 cm Achim und Beate Middelschulte-Stiftung, Nr. 59 1.60 Sechs Trinkbecher Herrengrund (Špania Dolina), 18. Jahrhundert Kupfer, getrieben, punziert, vergoldet H. 4,5 cm, Ø 5,6 cm Achim und Beate Middelschulte-Stiftung, Nr. 60 Hohe, schlanke Kanne auf profiliertem Standfuß; Handhabe aus ebonisiertem Holz. Die zusammengehörigen Trinkbecher haben die Gestalt eines Tummlers auf profiliertem Standfuß.
109 1.61 Henkelschale Herrengrund (Špania Dolina), 17. Jahrhundert Kupfer, getrieben, graviert; Silber, gegossen; bemalt; Mineralienstufe H. 2,8 – 5,3 cm, B. 18 cm, T. 17,7 cm Achim und Beate Middelschulte-Stiftung, Nr. 61 1.62 Henkelschale Herrengrund (Špania Dolina), 2. Hälfte 17. Jahrhundert Kupfer, getrieben, graviert; Silber, gegossen; Bergkristall H. 3,3 cm, B. 13,1 cm, T. 11,2 cm Achim und Beate Middelschulte-Stiftung, Nr. 62 Achtpassig, im Inneren mit Blattwerk und Blattranken überzogen. Im Inneren auf einem Sockel eine gefasste Pyritstufe, flankiert von zwei Knappen in Tracht bei der Arbeit mit Schlägel und Eisen. Figuren in Silber gearbeitet und bemalt. Sinnspruch am Boden der Schale. Inschrift: Eisen war ich / Kupfer bin ich / goldt bedeckt / Mich. Ovale, achtpassige Schale mit vier großen Akanthusornamenten in den Randzonen. Im Inneren Buckel als sechs angedeutete Erdhaufen sowie drei kleine Bergkristallstufen, seitlich und hinten eine gegossene, silberne Knappenfigur in Altvätertracht mit Leder und Gugel, die sich mit der Linken auf das Grubenbeil stützt, in der erhobenen Rechten aber eine Erzmulde mit einer Pyritstufe trägt. Außen Sinnspruch. Inschrift: EISEN WAR ICH DAS ZIMENT WASSER ZIME KUPFER FRAG MICH GOLT BEDEGT MICH.
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121 Katalogteil II Exponate aus weiteren Sammlungen (Kat.-Nrn. 2–38)
122 2 Der Prophet Daniel unterweist Bergleute Salzburg (?), um 1500 Temperamalerei auf Holz H. 61 cm, B. 83 cm, mit Rahmen: H. 73,5 cm, B. 97 cm, T. 11 cm Frederick R. Koch Foundation Das Tafelbild aus der Kapelle des Schlosses Blühnbach im Blühnbachtal bei Werfen (Salzburg) stammt aus der Gotiksammlung des österreichischen Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand d’Este (1863–1914). Es zeigt den Propheten Daniel, der einem Bergknappen eine Erzstufe reicht. Im Hintergrund ist eine Vision Daniels dargestellt, in welcher ihm verheißen wurde, er werde im Gezweig eines Baumes ein Nest mit goldenen oder silbernen Eiern finden. Er macht sich auf die Suche, entdeckt den Baum und klettert hinauf in die Krone, aber er findet nichts. Da erscheint ein Engel und verweist ihn auf das »Gezweig« unter der Erde, das Wurzelwerk. Beim Nachgraben findet sich ein Erzlager. Aufgrund dieser Fundgeschichte verehrten die Bergleute ihn als Entdecker des Bergbaus und als Lehrmeister beim Suchen und Finden. Literatur: Slotta 2019.
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124 3 Altarbüsten des Propheten Daniel und der heiligen Barbara Nördliches Tiroler Unterland, um 1500 Zirbenholz, vollrund ausgearbeitet H. 58,5 cm, B. 39 cm, T. 21 cm Aus der Rerobichlkapelle in Oberndorf Bergbau- und Gotikmuseum Leogang, Stiftung Sammlung Vogl, Inv.-Nr. 5252 Die heilige Barbara gehört ebenso wie der Prophet Daniel seit dem Mittelalter zu den Patronen des Bergbaus und der Bergleute. Die beiden Büsten stammen aus der Bergkapelle Rerobichl in Oberndorf in Tirol (Bezirk Kitzbühel). Der dortige Bergbau war über Bartholomäus Ludwig Edler von Hechengarten (1700–1773) mit den slowakischen Bergbaugebieten in den Karpaten verbunden: Er war als Sohn einer Bergarbeiterfamilie in Oberndorf aufgewachsen, dort bereits mit sechs Jahren als Klauberbub im Bergbau aktiv und gelangte als Bergmann über Leogang ins Banat und in die mittleren Westkarpaten. In Schemnitz wurde er Bergrat, geadelter Unterkammergraf und Mitverwalter der sieben niederungarischen Bergstädte. Literatur: Huber 2019, S. 9 f., Nrn. 1 a/1 b; Ausst.-Kat. Leogang 2022, Nr. 15 f., S. 88–95 (Arthur Saliger).
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160 25 Handstein Wohl Herrengrund (Špania Dolina), um 1760 Holz; Silber, getrieben und gegossen, teilweise vergoldet und kaltbemalt; Mineralien H. 11 cm, L. 22,5 cm Iparművészeti Múzeum Budapest, Inv.-Nr. 69.523.1 Der wie Kat.-Nr. 22 als Tafelaufsatz konzipierte Handstein weist auf dem silbernen Sockel ein aus verschiedenen Mineralstufen wie Pyrit, Kuprit und Malachit gebildetes Gebirge auf, worauf kleinteilige Bergbauszenen mit Bergleuten, Pferden, Gebäuden und technischen Einrichtungen aus Silber appliziert sind. Damit wurde den Betrachtenden zu festlichen Anlässen und für die Aufstellung in fürstlichen Sammlungen die Arbeitswelt der Bergleute in mehreren Episoden nahegebracht. Insbesondere ging es darum, bergbauliche Prozesse sichtbar zu machen. So wird hier gezeigt, wie das in Förderwagen aus dem Stollen und mittels Pferd ins Obergeschoss der Aufbereitung verbrachte Erz geläutert wird. Eine seitlich am Grubengebäude den Berg hinabführende Rinne verdeutlicht, dass dabei viel Wasser gebraucht wurde. Pochjungen, Karrenläufer, Pferdetreiber und ein Haspelknecht ergänzen die großenteils erhaltene Darstellung. Literatur: Kirnbauer/Steiskal-Paur 1959, S. 59, Abb. 32; Détári 1975, S. 76; Westfalia Lünen 1982.
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162 26 Handstein Matthias Scarwuth und Franz Xaver Glantz (zugeschrieben) Herrengrund (Špania Dolina) beziehungsweise Neusohl (Banská Bystrica), um 1740 Holz; Kupfer/Silber, getrieben, gegossen, teilweise vergoldet; Mineralien; Glas H. 37,3 cm, L. 40,9 cm, B. 30,9 cm Deutsches Bergbau-Museum Bochum, Inv.-Nr. 1671 Der aus zahlreichen Mineralstufen (darunter Amethyst, Pyrit, Zinnobererz, Quarz, Galenit – bergmännisch Bleiglanz –, Kupferkies, Malachit, Flussspat, Schwerspat, Wismuterz und gediegenem Silber) zusammengesetzte Handstein weist zunächst einen über die Höhe der Glasgefäße hinaufreichenden Sockel auf. An mehreren Stellen sind Eingänge in die unterirdische Welt des Bergbaus auszumachen: zweimal in Gestalt eines Stollenmundloches in Frontalansicht, einmal in Gestalt einer »aufgeschnittenen« Strecke mit drei Türstockausbauten. Oberhalb eines Absatzes, auf dem die insgesamt sieben Betriebsgebäude des Montanwerkes stehen, entwickelt sich ein Berggipfel, der von einem mächtigen grünen Emailblock auf Kupfer abgeschlossen wird. Darauf ist eine silberne Bergknappenfigur befestigt, die über dem Haupt eine gravierte flache Glasschale trägt und den Handstein als Tafelaufsatz kenntlich macht. Literatur: Ausst.-Kat. Cappenberg 1990, S. 583–585, Nr. 244 h; Ausst.-Kat. Bochum 1997, S. 125–128, Nr. 10.
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9 783954 988235
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