Die GKf kooperierte als Gastgeberin für den Wettbewerb 2022 mit der Meissen Porzellan-Stiftung und der Porzellan-Manufaktur Meissen. Diese Zusammenarbeit bot eine bisher einmalige Gelegenheit: Da Preisverleihung und Ausstellung an einem traditionsreichen Produktionsort stattfanden, konnte den Preisträgern ein Atelieraufenthalt ermöglicht werden. Meissen arbeitet traditionell im Bereich der angewandten Kunst, Meissener Porzellan hat sich aber auch als künstlerischer Werkstoff etabliert. So erfolgten beispielsweise im Figurenbereich viele Modellankäufe von freien Kunstschaffenden zur Produktion in Porzellan. Seit den 1950er-Jahren fertigt die Meissener Wandgestaltung individuelle Projekte der baugebundenen Kunst, seit 1977 sind figürliche Unikate und unikative Gefäße für Meissen ein Marktsegment. Die Gewinner des Richard-Bampi-Preises 2022 wurden aus 36 Einreichungen und einer Longlist von 20 jungen Kunstschaffenden ausgewählt. Helena Sekot gewann den ersten Preis. Prämiert wurden ihre konsequente Handschrift bei großer gestalterischer Varianz und ihre innovative, technisch höchst anspruchsvolle Verbindung von Glas und Keramik. Philsoo Heo erhielt den zweiten Preis für seine Wandarbeiten, in denen er mittels Keramik das Verhältnis zwischen Skulptur und Malerei befragt und zu versöhnen versucht. David Torres gewann den dritten Preis für seine virtuose Beherrschung eines breiten Spektrums keramischer Techniken, mit denen er in seinen Arbeiten Aspekte der Dynamik unserer modernen Welt darstellt. Die Meissener Manufakturisten sind hochspezialisiert und können auf diese Expertise und ihre Erfahrung aufbauen. Nun kamen die drei jungen Talente von außen mit ihren Ideen, Wünschen und Vorstellungen. Um das Potenzial der Manufaktur zu nutzen, mussten sie sich mit ihrer eigenen Arbeitsweise auf diese hohe Spezialisierung einlassen. Was in kleinen Werkstätten in einer Hand liegt, wird in der Manufaktur in die laufenden Arbeitsprozesse eingegliedert. Ganz verschiedene Projektideen fanden so ihre Form und durchliefen die notwendigen Fertigungsschritte. Die Ergebnisse spiegeln die individuellen Handschriften der Preisträger wider. Die hohe Spezialisierung erlaubte ihnen, ihre Idee in Perfektion umzusetzen. Für ihre Atelierarbeiten waren Sekot, Heo und Torres völlig frei in der Themenwahl. Umso interessanter ist es, dass sich ihre Arbeiten mit dem Thema Wandel auseinandersetzen, wenn auch aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln. Für ihre Bilder adaptierte Helena Sekot typische MeissenFormen und lädt die Betrachtenden zum Dialog. Philsoo Heo ließ sich von Holz inspirieren. Er übertrug Brüche und Flächen in wuchtig- elegantes Porzellan. Die Großplastiken von David Torres verweisen einerseits auf Meissener Porzellangeschichte, andererseits spielt der Kolumbianer mit Stereotypen. – In Deutschland steht »Weißes Gold« für Porzellan, in Kolumbien für Kokain. 11
RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1