Leseprobe

11 rund 50 000 Negative und Diapositive zusammen mit zahlreichen Arbeitsabzügen, Belegexemplaren, der Handbibliothek und biografischen Dokumenten von der Deutschen Fotothek übernommen. Insbesondere Schröters Aufnahmen für die Industrie gewinnen heute im Kontext wirtschaftlicher Transformation und Umweltfragen an Relevanz und werden neu befragt.8 Sein Beitrag zur Etablierung der Farbfotografie zwischen angewandter und avantgardistisch-experimenteller Fotografie wurde jüngst im Rahmen des Ausstellungsprogramms zum 100-jährigen Jubiläum der Fotothek in der Präsentation #BUNT gewürdigt.9 Bereits seit 2005 befindet sich das Negativarchiv des Meißner Postkartenverlags Brück & Sohn mit digital erschlossenen 26 000 Glasplatten und Planfilmen im Bestand. Knapp 20 Jahre später entdeckte die Redaktion des ungarischen Bildarchivs Fortepan auf der Fotothekswebsite rund 500 Motive mit Ansichten von Budapest um 1900 als bis dato unbekannte Bildquelle zur Stadtgeschichte. 2023/24 wurde eine umfangreiche Auswahl anlässlich des 150. Stadtjubiläums in einer großen Ausstellung in der ungarischen Nationalgalerie gezeigt.10 An Beispielen wie diesen lässt sich ablesen, dass die Rezeption fotografischer Nachlässe und Archive nicht nur von sich verändernden Forschungsfragen abhängig ist, sondern wesentlich auch von deren Sichtbarkeit, Zugänglichkeit und Benutzbarkeit. Diese basieren seit Anfang der 2000er-Jahre auf der forcierten Digitalisierung, die unabdingbare Voraussetzung für standortunabhängige Recherchen und Zugriffe ist. Neben einer quantitativen Steigerung der bearbeiteten Mengen haben sich seither vor allem die Parameter der inhaltlichen Erschließung und Katalogisierung verändert, um dem vollzogenen Wandel im Selbstverständnis der Fotothek von einer MotivAusstellungsansicht Budapest. The First Golden Age, Ungarische Nationalgalerie Budapest, 2023/24 (Foto: Ungarische Nationalgalerie Budapest) 3 Zu Strategien und Zielen vgl. auch: Jens Bove/Karolin Schmahl: Fotografische Nachlässe. Sammlungs- und Aktivierungsstrategien am Beispiel des Archivs der Fotografen in der Deutschen Fotothek, in: Zeithistorische Forschungen (2015), Nr. 2, S. 336–334 [OnlineAusgabe]. Zu Konzept und Gründung des Archivs der Fotografen vgl. auch: Jens Bove/Sebastian Lux: Zukunft für Fotografenarchive. Das Archiv der Fotografen in der Deutschen Fotothek, in: Der Gang der Dinge. Welche Zukunft haben photographische Archive und Nachlässe?, hg. von Christiane E. Fricke für die Deutsche Gesellschaft für Photographie (DGPh), Oldenburg 2014, S. 15–23. 4 Vgl. Die Eroberung der beobachtenden Maschinen. Erforschung, Erschließung und Erhaltung sozialdokumentarischer Fotografie zwischen 1920 und 1960, Tagungsband, hg. von Wolfgang Hesse, Leipzig 2012; Das Auge des Arbeiters. Arbeiterfotografie und Kunst um 1930, Ausst.-Kat. Kunstsammlungen Zwickau/Käthe Kollwitz Museum, Köln/Stadtmuseum Dresden, hg. von Wolfgang Hesse, Leipzig 2014. 5 A Hard, Merciless Light. The Worker Photography Movement, 1926–1939, Ausst.-Kat. Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía, Madrid 2011; Subjective Objective. A Century of Social Photography, Ausst.-Kat. Zimmerli Art Museum at Rutgers University, New Jersey 2018. 6 1945 – Köln und Dresden. Fotografien von Hermann Claasen und Richard Peter sen., Ausst.-Kat. LVRLandesMuseum Bonn/Stadtmuseum Dresden, hg. von LVR-LandesMuseum Bonn/Deutsche Fotothek/Stadtmuseum Dresden, Bonn 2015. 7 Vgl. das Ausstellungsverzeichnis in diesem Band, S. 598–599. 8 Vgl. z. B. die Ausstellung Fortschritt als Versprechen. Industriefotografie im geteilten Deutschland im Deutschen Historischen Museum Berlin, 2023. 9 Vgl. Ausstellungsverzeichnis (wie Anm. 7). 10 Vgl. Budapest. The First Golden Age. Stereograms and Postcard Images from the Collections of Fortepan and Deutsche Fotothek, Ausst.-Kat. Ungarische Nationalgalerie, Budapest 2023.

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