Spezialisiert auf Reportage- und Porträtfotografie, hat sich Gaby Sommer einen Namen als Fotografin mit dem Gespür für den richtigen Augenblick gemacht. In den 1980er- und 1990er-Jahren war sie oft mittendrin im aktuellen Weltgeschehen und bei politischen Umbrüchen, fotografierte Friedensproteste ebenso hautnah wie prominente Persönlichkeiten und hochrangige Unternehmer. Gabriele Sommer, geboren 1959 in Wiesbaden, arbeitete 1979/80 nach ihrem Abitur bei der Lokalredaktion der Rhein-Zeitung (Koblenz) in Bad Ems. Sie war von 1980 bis 1983 als feste freie Fotografin für die amerikanische Nachrichtenagentur Associated Press in Frankfurt (Main) tätig und dokumentierte in diesem Zeitraum u. a. die Hochzeit von Charles und Diana, die Rückkehr der US-Geiseln aus Teheran und die Demonstrationen an der Startbahn West des Flughafens Frankfurt (Main). Danach war sie bis 1985 Deutschland-Korrespondentin der französischen Fotoagentur GAMMA und übernahm Aufträge für Time, Gente und Paris Match. Außerdem war sie ExklusivFotografin bei den Dreharbeiten des Films Das As der Asse mit Jean-Paul Belmondo. 1985 wurde sie die erste akkreditierte Fotojournalistin der britischen Nachrichtenagentur Reuters in der DDR und leitete die von ihr aufgebaute Fotoredaktion in Westberlin bis Ende 1988. Als Fotokorrespondentin in der DDR unternahm sie zahlreiche Reisen, vorwiegend in osteuropäische Länder. Während ihrer längeren Aufenthalte in Moskau dokumentierte sie die Entwicklung der Perestroika in lebensnahen Reportagen und bezeichnete diese Jahre später als ihre wildesten und aufregendsten als Reporterin. Veröffentlicht wurden ihre Aufnahmen in Newsweek, New York Times, Herald Tribune, The Independent, Liberation oder El País. Ihr berühmtestes Bild aus dieser Periode ist der Bruderkuss zwischen Erich Honecker und Michail Gorbatschow beim SED-Parteikongress 1986 in Berlin, das damals um die Welt ging. Der wachsende Widerstand gegen das DDR-Regime wurde während dieser Zeit eines ihrer zentralen Themen. Sie geriet bald in den Fokus der Stasi, die in ihrer Akte sogar Auszüge aus ihrem Tagebuch dokumentierte. Seit 1989 arbeitete sie als freiberufliche Fotografin mit den Schwerpunkten Porträt und Reportagen. Es entstanden Auftragsarbeiten für Bunte, Der Spiegel, Mclean’s, Die Woche, Werben & Verkaufen; 1993/94 dokumentierte sie zum Beispiel für eine SpiegelReportage zum Thema Okkultismus ungestellte Szenen mit Wicca-Gruppen und Satanismus-Ritualen. Ab 1995 spezialisierte Sommer sich auf die professionelle Porträtfotografie: Vorstände aus Wirtschaft, Industrie, Politik und Verwaltung saßen für nationale und internationale PR-Aufträge – für Geschäftsberichte, Imagebroschüren und Firmenzeitschriften großer Konzerne – vor ihrer Kamera. Im Laufe ihrer Karriere gelangen ihr zahllose bewegende und authentische Bilder berühmter Persönlichkeiten, so von einer schallend lachenden Margaret Thatcher oder einer nachdenklichen Queen Elisabeth II. Außerdem entstanden zahlreiche Porträts von Schriftsteller:innen, beispielsweise von der kanadischen Schriftstellerin Margaret Atwood. Gaby Sommer musste sich als meist einzige Frau im harten Konkurrenzkampf des männerdominierten Agenturjournalismus durchsetzen. Sie gilt als eine Vorreiterin für Fotojournalistinnen. Trotz gelegentlichem Spott und Anfeindungen, denen sie in den 1980er-Jahren ausgesetzt war, trat sie stets höflich und souverän auf, wie ihr Kollege Horst Faas über sie berichtete. Nachdem Gaby Sommer lange in den Großstädten Berlin, Frankfurt (Main), Köln und Hamburg gelebt hatte, zog sie im Jahr 2002 wieder zurück in ihre Heimat nahe der Loreley im Mittelrheintal. Dort entstanden ihre freien Fotoprojekte Heimat, Himmel auf Erden und Rheingold. 2005 wurde sie in das Kuratorium der Indochina Media Memorial Foundation berufen und bildete in Vietnam junge Fotograf:innen aus. 2006 folgte die Berufung in die Deutsche Gesellschaft für Photographie (DGPh). Am 10. Oktober 2018 starb Gaby Sommer in Lierschied. IW 412 GABY SOMMER Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten, 1983, Kunststoffdia, Kleinbildformat Soldaten mit Gasmasken während des NATO-Manövers »Flinker Igel«, Bayern, 1984, Kunststoffnegativ, Kleinbildformat Polnische Bischöfe beim Abflug von Papst Johannes Paul II. im Helikopter nach seinem Besuch in Stettin (Szczecin), 1987, Kunststoffnegativ, Kleinbildformat Bruderkuss von Michail Gorbatschow und Erich Honecker auf dem 11. Parteitag der SED, Berlin, 1984, Kunststoffnegativ, Kleinbildformat Alec Guinness bei der Berlinale, Berlin, 1988, Kunststoffnegativ, Kleinbildformat
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