Leseprobe

Erich Höhne gehörte zu den anerkannten, vielfach ausgezeichneten Pressefotografen der DDR. Er hat mehr als 350 000 Aufnahmen hinterlassen, die alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens berühren – eine immense Bilderwelt, die neben Politik, Wirtschaft, Architektur, Kunst und Kultur auch Ereignisse, Persönlichkeiten und Umwelt zeigt. Kein Bereich des Lebens wird ausgespart, aber im Mittelpunkt des fotografischen Interesses steht immer der Mensch. Der am 8. März 1912 im Dresdner Hechtviertel als Sohn des Eisenformers und langjährigen SPD-Funktionärs Ernst Max Höhne und der Kartonagearbeiterin Anna Höhne geborene Fotograf Erich Höhne besuchte von 1918 bis 1926 die Volksschule in Dresden. Bereits mit etwa zwölf Jahren fotografierte er mit einer selbstgebauten Kamera, 1924 trat er der Arbeitersportbewegung bei und wurde Kindersportwart. Ab 1926 absolvierte Höhne eine Ausbildung zum Feinmechaniker bei den Zeiss-Ikon-Werken in Dresden, wo er bis 1945 als Feinmechaniker, Technischer Laborant und Laboringenieur tätig war. Höhne war von 1931 bis 1933 Mitglied der Arbeiterphotogilde in Dresden und Freital, wo er seinen späteren Partner Erich Pohl (1904–1968) sowie Richard Peter sen. kennenlernte. In diese Zeit fiel die erste Veröffentlichung einer Fotografie in der Sonntagsbeilage des Dresdner Anzeigers. In den Folgejahren publizierte Höhne regelmäßig Wanderbilder und Naturaufnahmen für Kalender und beteiligte sich erfolgreich an Wettbewerben, gewann u. a. 1940 den zweiten Preis im internationalen Rolleiflex-Preisausschreiben. 1939 entging er einer Einberufung zur Wehrmacht, da er »u. k.« (unabkömmlich) gestellt war, um bei Zeiss-Ikon Kamerasysteme für Jagdflieger zu überprüfen. 1941 heiratete er Dora Rose, seine spätere Mitarbeiterin. Im Auftrag der Betriebsleitung filmte Höhne am 23. und 24. November 1942 die Zusammenlegung von 300 jüdischen Männern, Frauen und Kindern aus dem »Judenhaus« in der Sporergasse in das Lager am Hellerberg, wo diese in den Monaten bis zu ihrer Deportation nach Auschwitz zur Arbeit für Zeiss-Ikon gezwungen wurden. In den Wirren nach der Zerstörung seiner Heimatstadt gelang es Höhne im Frühjahr 1945, seiner Einberufung zum Volkssturm nicht nachkommen zu müssen. Bereits kurz nach der Kapitulation, im Juni 1945, erhielt er eine Fotografiererlaubnis. Mit einer Contax-Kleinbildkamera entstand im Auftrag der sächsischen Landesregierung die in der Fotografiegeschichte der DDR später viel rezipierte Bildserie über Dresdner »Umsiedlerlager«. Mit dieser begann Erich Höhne als »Dokumentarist der ersten Stunde« zusammen mit seinem Freund Erich Pohl, der ihn zur Gründung eines gemeinsam betriebenen Bilderdiensts überredet hatte, seine fast vier Jahrzehnte umspannende freiberufliche fotografische Karriere. Die Agentur firmierte unter »Dresdner Bilderdienst. Herstellung von Pressefotos«, Bautzner Straße 105 (dort bis 1948); Höhne wohnte bis 1963 in der Hechtstraße 42 b. Geschäftsadresse war die Wohnung Pohls in der Prießnitzstraße 71. Heute ist kaum noch ermittelbar, welche der meist mit dem gemeinsamen Urhebervermerk »Höhne-Pohl« publizierten Aufnahmen Erich Pohl zuzuordnen sind. Der Großteil des Bildmaterials stammt jedoch von Erich Höhne, Pohl war überwiegend für das Geschäftliche zuständig. Noch bevor die ersten Zeitungen erschienen, fertigte der Bilderdienst Wandzeitungen für das Nachrichtenamt der Stadt. Im Laufe der folgenden Jahre entstand eine umfangreiche Bilddokumentation, die den Wiederaufbau Dresdens nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg in immer neuen Serien belegt oder jährlich stattfindende politische Ereignisse und kulturelle Höhepunkte abbildet, meist im Auftrag Dresdner Tageszeitungen, insbesondere der Sächsischen Zeitung und der Täglichen Rundschau, der Landesverwaltung Sachsen sowie von Betrieben und weiteren öffentlichen Instanzen. Überregional wurden Aufnahmen von ADN-Zentralbild Berlin angefordert, »viele habe ich aber auch einfach von mir aus gemacht,« so Höhne 1995. Nach dem unerwarteten Tod Pohls 1968 wurde der Dresdner Bilderdienst nach Dresden-Tolkewitz in die Knappestraße 23 verlegt, in die Privatwohnung von Erich Höhne, wo dieser die Firma mit seiner Frau weiterführte. Anfang der 1980er-Jahre begann er, sich aus dem Journalistengeschäft zurückzuziehen. Erich Höhne starb am 17. Januar 1999 in Dresden und wurde auf dem Heidefriedhof in Dresden-Trachau beigesetzt. Neben Richard Peter sen. zählt Erich Höhne zu den wichtigsten Dokumentaristen des zerstörten Dresden, seine Aufnahmen erschienen in zahlreichen Bildbänden. Er erhielt viele Auszeichnungen im In- und Ausland, u. a. die Ehrennadel für Fotografie in Silber und den Martin-Andersen-NexöKunstpreis der Stadt Dresden. Das zwischen 1945 und 1990 entstandene Pressearchiv ist die umfassendste Fotodokumentation der DDR-Zeitgeschichte für den Raum Sachsen und weitere Teile Mitteldeutschlands – ein gewaltiger Bildfundus. JB 194 Jede Schaufel Kohle ein Beitrag zum Frieden!, Oelsnitz, 1951, Kunststoffnegativ, Kleinbildformat Erster offizieller Besuch von Wilhelm Pieck als Präsident der DDR in Dresden, 1949, Kunststoffnegativ, Kleinbildformat Junge Frau mit Werbeplakat für die SED als Liste 1, 1946, Kunststoffnegativ, Kleinbildformat Alter Mann im Umsiedlerlager Neuländer Straße, Dresden-Trachau, 1945, Kunststoffnegativ, Mittelformat Flüchtlingselend, Umsiedler am Trachenberger Platz, Dresden, 1945, Kunststoffnegativ, Kleinbildformat

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