Der Lehrer, Heimatkundler und Fotograf Oskar Kaubisch engagierte sich in den 1920er- und 1930er-Jahren für den Einsatz der Fotografie als wertvolles pädagogisches Instrument im Schulunterricht. Seine Mitarbeit beim Aufbau der Sächsischen Landesbildstelle umfasste einerseits die Anfertigung hochwertiger Aufnahmen und Lichtbilder für deren Bestand, andererseits eine rege Vortrags-, Publikations- und Ausbildungstätigkeit zu fotografischen Themen. Kaubisch wurde am 17. Dezember 1882 im Dörfchen Lindenau in der Oberlausitz geboren. Nach dem frühen Tod der Eltern wohnte er ab 1886 bei einer Tante in Skassa und besuchte die dortige Dorfschule. Von 1897 bis 1903 wurde er am Freiherrlich von Fletscher’schen Lehrerseminar in Dresden ausgebildet und trat danach eine Stelle als Hilfslehrer in Schönefeld bei Leipzig an. Neben dem Besuch von Vorlesungen an der Universität Leipzig folgte von 1906 bis 1909 ein Studium der Geschichte, Erdkunde und Pädagogik, bevor er sich ab 1909 als Lehrer am Landständischen Lehrerseminar in Bautzen niederließ. 1915 wurde er zum Seminaroberlehrer, 1920 zum Studienrat berufen. Die intensive Beschäftigung mit der Fotografie in den Folgejahren ließ ihn zum sachkundigen Kenner und Fotografen werden, sodass er nach 1945 mit der »Werkstatt für wissenschaftliche Fotografie« in Bautzen freiberuflich tätig wurde. Entsprechend des pädagogischen Diskurses der Zeit war Kaubisch von der Bedeutung der Fotografie für den Unterricht überzeugt und stellte seine eigene fotografische Tätigkeit auch in den Dienst der pädagogischen Lichtbildarbeit. Seine fotografische Arbeit folgte dabei drei wesentlichen Prinzipien: höchstes Maß an technischer Sauberkeit, ästhetischer Reiz und inhaltliche Bedeutsamkeit. Mit diesem Wertmaßstab fertigte er bis zu seinem Lebensende 1959 rund 10 000 Aufnahmen »sachbetonter Fotografie«, wie er seine fotografische Auffassung in Vorträgen und Aufsätzen bezeichnete, zu vornehmlich heimatkundlichen Themen an. Nur folgerichtig engagierte sich Oskar Kaubisch auch für den Aufbau eines institutionalisierten sächsischen Lichtbildwesens, das den Einsatz qualitativ hochwertiger Fotografie im Unterricht befördern sollte. Wohl als Gründungsmitglied des Sächsischen Landesverbands zur Förderung des Bild- und Filmwesens e.V. begleitete er dieses Vorhaben von Beginn an. Mit der Gründung der Landesbildstelle 1924 und der Einrichtung ihres Bildarchivs ab 1925 intensivierte sich die Zusammenarbeit. Erste Aufnahmen Kaubischs wurden für die Sammlung angekauft und mehrere Lichtbildreihen in den Verleih aufgenommen. 1927 übernahm der Pädagoge einen umfangreichen Dokumentationsauftrag zur »planmäßigen Aufnahme der Stadt Meißen« (Fritz Schimmer, 1927), für den Gründungsdirektor Schimmer eine Beurlaubung vom Unterrichtsdienst erwirkte. Kaubischs Negative zählen heute zum bedeutenden Altbestand des Bildarchivs und fanden damals auch Eingang in die Publikationsreihe Sächsische Bilder der Landesbildstelle. Der erste Band Die Stadt Bautzen mit Text- und Bildbeiträgen Kaubischs erschien 1926, weitere folgten. In den 1930erJahren übernahm Kaubisch Auftragsarbeiten für das Stadtmuseum und den Kunstverein in Bautzen. Nach 1945 stellte er seine Aufnahmen der regionalen Presse und für Buchpublikationen zur Verfügung. Kulturelle Institutionen und Veranstalter wussten seine ausgezeichnete fotografische Arbeit zu schätzen. Sie fand, neben der Landesbildstelle, auch Eingang in die Archive der Denkmalpflege und von Stadt- und Kreisräten. Seine fotografischen Themen fand Kaubisch entsprechend seiner fachlichen Schwerpunkte als Pädagoge. Ein Hauptaugenmerk seines Wirkens galt der Architektur und den Baudenkmälern der Oberlausitz, den Burgen und Schlössern Sachsens und Städten wie Meißen und Bautzen. Auch das Alltags- und Arbeitsleben der Menschen in den Lausitzer Dörfern, ihre Bräuche, Trachten und Feste hielt Kaubisch fest. Ein besonderes Interesse verband ihn mit den mächtigen unterirdischen Wehranlagen in Sachsen, die er als »Wehrbauten der Tiefe« bezeichnete und zu denen er mehrfach publizierte. Neben diesem sächsischen Schwerpunkt fotografierte Kaubisch, nicht selten während privater Urlaubsreisen, auch in Hessen, Niedersachsen, Bayern und RheinlandPfalz, in Polen, Tschechien und der Schweiz. Als Geograf bereiste er mit Stativ und Großbildkamera die deutschen Mittelgebirge und den Rhein. Im Erzgebirge, in Thüringen, der Dahlener Heide und an Flecken mit besonderer Botanik entstanden Landschafts- und Naturaufnahmen, die er auch von Reisen etwa aus Frankreich mitbrachte. Zahlreiche dieser Bilder gelangten anschließend in den Bestand der Sächsischen Landesbildstelle. Als Pädagoge bemühte sich Kaubisch regelmäßig um die Vermittlung fotografischer Themen. Für die Landesbildstelle erarbeitete er Vorträge zur Volks- und Heimatkunde, aber auch zu ästhetisch-gestalterischen Aspekten der Fotografie. Ebenso führte er Lehrgänge zur fotografischen Praxis und Herstellung von Lichtbildern in deren Auftrag durch. Ab den 1930er-Jahren hielt er mehrfach Vorträge für die Naturwissenschaftliche Gesellschaft ISIS und widmete sich zudem technischen Fragen etwa der Farbfotografie, mit der er sich ab etwa 1936 intensiv beschäftigte. Nach seinem Tod am 10. Dezember 1959 gelangte sein Nachlass als Oskar-Kaubisch-Stiftung in das Stadtmuseum Bautzen. KD 124 OSKAR KAUBISCH Kleiner Wendelstein auf der Albrechtsburg Meißen, 1927, Glasnegativ, Großformat Fördertürme der Halde I, Oelsnitz, 1928, Glasnegativ, Großformat Blick in die Judenstraße, Hildesheim, vor 1939, Glasdia, Großformat Gipfelstation der Seilschwebebahn auf der Zugspitze, 1938, Kunststoffnegativ, Mittelformat Eierschieben am Ostersonntag auf dem Protschenberg bei Bautzen, 1932, Kunststoffnegativ, Mittelformat
RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1