Leseprobe

23 stellung der notwendigen finanziellen Mittel im Rahmen des Staatshaushalts.25 Mit dieser Neuorganisation gelang der Landesbildstelle eine, wenn auch nur vorübergehende, Konsolidierung nach »einem der schwersten [Geschäftsjahre] seit Begründung«.26 1935 Umbenennung in Landesbildstelle Sachsen 1936 Überprüfung aller Mitarbeiter:innen für die Eignung zur Anstellung im Öffentlichen Dienst; politisch motivierte Entlassung von mindestens drei Mitarbeiter:innen November 1936 Entlassung von Fritz Schimmer, Übernahme der Leitung durch Willy Passig 1937 Einrichtung einer Zentralbildstelle des Heimatwerks Sachsen in den Räumen der Landesbildstelle Sachsen 1939 Umzug in die Pillnitzer Straße 1944 Auslagerung von Beständen nach Dippoldiswalde und Gaußig Februar 1945 Zerstörung der Geschäftsräume in der Pillnitzer Straße In den nächsten Jahren blieb die finanzielle Situation, verstärkt durch die sich zusehends ändernden gesellschaftlichpolitischen Verhältnisse, weiterhin angespannt. Skeptische Stimmen, vor allem aus dem Finanzministerium, stellten die finanzielle Unterstützung der Landesbildstelle zunehmend infrage. Von »Bildungsluxus«27 war nun die Rede, die Forderung nach Streichung aller Beihilfen, was einer Schließung gleichgekommen wäre, wurde spätestens ab 1932 offen diskutiert. Durch Zugeständnisse, äußerste Einschränkung und Entlassungen konnte das ebenso erfolgreich abgewendet werden wie die vom Finanzministerium erhobene Forderung, Fritz Schimmer als Leiter durch einen deutlich günstigeren Studienassessor zu ersetzen.28 Hilfreich war in dieser Situation die ungebrochene Unterstützung aus dem Volksbildungsministerium und der nicht zu leugnende Erfolg der Einrichtung, die eine wachsende Zahl an Ausleihen und damit verbunden erhebliche Einnahmen zu verzeichnen hatte.29 Eine neue Situation trat 1934 mit der Gründung der Reichsstelle für den Unterrichtsfilm (RfdU, ab 1940 Reichsanstalt für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht, RWU) ein. In der damit verbundenen Neuordnung des Bildstellenwesens in Deutschland übernahm sie die zentrale Koordination schulischer Lichtbildarbeit. In den Bildstellen erfolgten in ihrem Auftrag Produktion und Vertrieb der Lehrmittel, wofür diese im Gegenzug finanzielle Beihilfen erhielten. Die RfdU war trotz ihres für die Volksbildung zentralen Aufgabengebiets und des propagandistischen Potenzials, das in ihrer Tätigkeit steckte, nicht dem Propagandaministerium unterstellt. Dank des zuständigen Ministerialrats im Reichserziehungsministerium Kurt Zierold, der die RfdU als zuständige Stelle für Unterrichts- und Lehrmittel ganz bewusst unabhängig von Goebbels’ Propagandaministerium und mit klarer Ausrichtung auf schulische Belange einrichtete, gelang eine erstaunliche Unabhängigkeit von politisch-propagandistischen Einflussnahmen.30 Für die Bildstellen war dies ein Glücksfall, wenngleich es sie nicht völlig vor Eingriffen des Staates schützte. Für die Sächsische Landesbildstelle, 1935 in Landesbildstelle Sachsen (LBS) umbenannt, bedeutete dies wiederholte Versuche ministerieller Einflussnahme auf die Einrichtung, die 1936 mit einer Überprüfung aller Mitarbeiter:innen auf »nationalsozialistische Zuverlässigkeit« begann.31 In der Folge kam es zu politisch motivierten Entlassungen: Die Sammlungsverwalterin Jaroslava Oberhel (1899–1987) wurde im Juni 1937 entlassen, da sie »nicht die Gewähr bietet, im Sinne des Nationalsozialismus zu wirken«.32 Paul Kubot (1883–1969), seit 1935 Packer und Bote der Landesbildstelle, musste seinen Posten aufgrund kommunistischer Einstellung im selben Jahr räumen. Sein Sohn Hans (1911–1944), Filmpfleger in der LBS, stand unter Beobachtung, wurde jedoch nicht entlassen. Armin Schulze (Lebensdaten unbekannt), Bearbeiter des Kunstkatalogs, musste 1938 wegen weltanschaulicher Bedenken gehen.33 Die jedoch einschneidendste Entlassung erfolgte bereits Ende 1936. Fritz Schimmer wurde wegen »politischer Unzuverlässigkeit« des Amtes enthoben und in den SchulFotografische Werkstatt der Sächsischen Landesbildstelle Dresden, 1927 (Foto: Walter Möbius) 17 Vgl. [Fritz Schimmer]: Die Sächsische Landesbildstelle, in: Sächsische Staatszeitung, 12. 12. 1928, S. 2. 18 Vgl. Bericht über die Tätigkeit der Stiftung »Sächsische Landesbildstelle« im Geschäftsjahr 1931/32 (8. Geschäftsjahr seit Begründung der Sächsischen Landesbildstelle), S. 10, HStA, 11125 Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts, Nr. 14557/3, Bl. 215. 19 Vgl. 26. Mitteilungsblatt, September – November 1929, S. 1, HStA, 11150, Nr. 375, o. Bl.-Nr. 20 Vgl. das Literaturverzeichnis in diesem Band, S. 592– 597. 21 Vgl. Jahresbericht 1928/29, in: 24. Mitteilungsblatt (wie Anm. 16), S. 1–12. 22 Vgl. Abschrift des Vertrags in: Schimmer, Denkschrift 1928 (wie Anm. 7), S. 2. 23 Zit. nach: 30. Mitteilungsblatt, Juni – August 1930, S. 1, HStA, 11150, Nr. 375, o. Bl.-Nr. 24 Vgl. 34. Mitteilungsblatt, April – Mai 1931, S. 1, HStA 11150, Nr. 375, o. Bl.-Nr. sowie Bericht für Geschäftsjahr 1931/32 (wie Anm. 18), S. 3, Bl. 208. 25 Vgl. Satzung der Stiftung »Sächsische Landesbildstelle« (Abschrift), HStA, 11125, Nr. 14557/3, Bl. 56–61. Im Übrigen regelte die Satzung die Berufung des Vorstandsvorsitzenden und seines Stellvertreters, die dem Ministerium oblag. Über die Anstellung von Personal, abgesehen von Wissenschaftler:innen, konnte die Landesbildstelle im Rahmen des Haushaltsplans selbst verfügen. 26 Zit. nach: Bericht für Geschäftsjahr 1931/32 (wie Anm. 18), S. 1, Bl. 206. 27 Vgl. Entschließung der sächsischen Bezirksstellenleiter, wohl Anfang 1933, HStA, 11125, Nr. 14557/3, Bl. 290. 28 Vgl. Protokoll einer Sitzung in der Staatskanzlei, 3. 11. 1932, HStA, 11125, Nr. 14557/3, Bl. 278–280 sowie Schreiben des Sächsischen Finanzministeriums bzgl. Planentwurf zu Kap. 61/1933, 5. 1. 1933, HStA, 11125, Nr. 14557/3, Bl. 296–304. 29 Vgl. z. B. Niederschrift über die 2. Sitzung des Verwaltungsrats der Stiftung »Sächsische Landesbildstelle«, 30. 5. 1932, HStA, 11125, Nr. 14557/3, Bl. 234–237 sowie den Haushaltsplan für 1932, ebd., Bl. 238–239. Im Jahresbericht stellte Schimmer zudem heraus, dass insbesondere die verlegerische Tätigkeit, sprich die Bereitstellung von Aufnahmen für Publikationszwecke, einen nicht unerheblichen Betrag von 8 000 RM erwirtschaftete: »Hier habe sich der Wert der [. . .] Sammlung von Aufnahmen der Landesbildstelle gezeigt.« (vgl. Niederschrift über die 2. Sitzung des Verwaltungsrats, S. 2). 30 Vgl. zur RfdU/RWU Malte Ewert: Die Reichsanstalt für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht (1934–1945), Hildesheim 1997, hier bes. S. 63–80. 31 Vgl. Schreiben des komm. Leiters des Volksbildungsministeriums an die Kreisleitung der NSDAP, 21. 8. 1936, HStA, 11125, Nr. 14557/4, Bl. 18. 32 Zit. nach: Schreiben Lohde, Ministerium für Volksbildung, an LBS. 22. 12. 1936, HStA, 11125, Nr. 14557/4, Bl. 111. 33 Vgl. Personalunterlagen der Landesbildstelle Sachsen, HStA, 11125, Nr. 14557/4.

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