Leseprobe

21 dem Publikationsmedium der Lichtbildbewegung: »Wir atmeten, als wir aus unseren kleinen drei Räumen in Dresden-Neustadt in dieses helle, uns froh und arbeitsfreudig stimmende Heim einzogen, wirklich auf [...].«11 Wesentlicher Bestandteil der nun im Auftrag des Ministeriums gestalteten und zentral koordinierten schulischen Lichtbildarbeit im Freistaat war die Arbeit am Bild, sollten die Schulen doch mit geeignetem und geprüftem Bildmaterial versorgt werden. Der Aufbau einer Sammlung, aus der heraus Bildreihen zusammengestellt und verliehen, aber auch einzelnen Anfragen Genüge getan werden konnte, war Grundlage aller Aktivitäten. Schon früh dachte Schimmer in diesem Punkt im großen Maßstab. Allein auf das Angebot von Lichtbildverlagen, deren Motivspektrum den allgemeinen Bedarf zwar hätte abdecken können, das ästhetisch und technisch aber nicht selten unbefriedigend war, konnte und wollte er sich nicht verlassen.12 Seine Vorstellung einer adäquaten Sammlung formulierte er 1927 als ein »Deutsche[s] Bildmuseum[], das nach dem Vorbild der deutschen Bibliothek nichts zutun hätte, als das ungeheure photographische Urkundenmaterial Deutschlands [gemeint sind Negative, A. d. V.] wissenschaftlich zu sammeln und systematisch zu katalogisieren«.13 Wohl wissend, dass diese Vision nur schwer zu verwirklichen wäre, hielt er dennoch an der Idee einer systematischen Bildersammlung fest und suchte sie in der Landesbildstelle mit den zur Verfügung stehenden Mitteln umzusetzen. Es wurde ein Negativarchiv eingerichtet, in dem aktiv fotografische Bildzeugnisse gesammelt wurden. Einerseits diente dieses Archiv ganz praktisch als ergänzendes Motivreservoire für die Lichtbildsammlung, aus der heraus Diareihen zusammengestellt wurden, die von Schulen und Bezirksbildstellen angekauft oder ausgeliehen werden konnten. Andererseits ging der Ausbau des Archivs in seiner systematischen landeskundlichen Anlage weit über die Bedürfnisse pädagogischer Lichtbildarbeit hinaus. In den ersten zweieinhalb Jahren wuchs die Sammlung, vorrangig durch Ankauf und durch im Auftrag der Bildstelle entstandene Fotografien, auf »über 6 000 eigene, wertvolle Aufnahmen der besten Photographen des Landes«14 an. Darüber hinaus versprach die Einrichtung einer eigenen fotografischen Werkstatt noch mehr Flexibilität sowohl im Produzieren geeigneter Motive als auch für die weitere Auswertung der Aufnahmen. Nach eigener Aussage wartete Schimmer »zwei volle Jahre«, bevor ihm ein geeigneter Kandidat für den Posten eines Hausfotografen empfohlen wurde:15 Walter Möbius (1900–1959), gelernter Fotograf und Xylograf, gerade 26 Jahre alt, wurde am 1. April 1926 eingestellt. In den folgenden 33 Jahren prägte er den Sammlungsbestand mit rund 100 000 eigenen Aufnahmen wie kaum ein Zweiter. Seine Einstellung markierte den Beginn einer professionellen Fotowerkstatt, mit der die Landesbildstelle über den Bestandsaufbau hinaus mit ihrem Archiv aktiv arbeiten und die gesammelten Aufnahmen für eigene Zwecke und die der Kundschaft dienstbar machen konnte. Ende des Jahrzehnts war die Belegschaft auf rund 20 Personen angewachsen und die Landesbildstelle zu einer höchst erfolgreichen Einrichtung geworden.16 Die Mitgliederzahl des Vereins stieg ebenso stetig wie der Leihbetrieb für Dias und Filme. Durch Beratung und Lehrgänge wurden immer mehr Schulen in die Lage versetzt, das Lichtbild gewinnbringend in den Unterricht einzubinden. In erfolgreicher Zusammenarbeit Fritz Schimmer, Gründungsdirektor der Sächsischen Landesbildstelle, um 1930 (Foto: Sächsische Landesbildstelle) Das Hofgebäude der Tierärztlichen Hochschule Dresden in der Zirkusstraße 38, von 1926 bis 1939 Sitz der Sächsischen Landesbildstelle, 1927 (Foto: Walter Möbius) Der vorliegende Text basiert auf Vorarbeiten von Marc Rohrmüller, dem ich an dieser Stelle dafür danke. 1 Vgl. Fritz Schimmer: Die sächsischen Bildstellen, in: Der Bildwart 5 (1927), Nr. 4/5, April/Mai, S. 211–229, hier S. 212. 2 Alle Zitate aus: Satzung des Sächsischen Landesverbandes zur Förderung des Bild- und Filmwesens e. V., hier zit. nach: Fritz Schimmer: Der Sächsische Landesverband, in: Der Bildwart 2 (1924), Nr. 12, Oktober, S. 532–533, hier S. 532. 3 Alle Zitate ebd. 4 Verordnung über die Errichtung einer Sächsischen Landesbildstelle vom 8. 10. 1924, Verordnungsblatt des Sächsischen Ministeriums für Volksbildung, Nr. 20, Ausgabetag: 16. 10. 1924, Dresden 1924, S. 92. 5 Alle Zitate ebd. 6 Schimmer hebt als nicht unwesentlichen Vorteil dieser Konstellation hervor, dass die Trägerschaft der Geschäftsstelle durch den Verein den direkten Kontakt zur sächsischen Lehrerschaft sicherstellte. So konnten deren Bedürfnisse und Vorschläge unmittelbar Berücksichtigung finden; vgl. Schimmer, Bildwart 1927 (wie Anm. 1), S. 213. 7 Vgl. Vereinbarung mit dem Ministerium für Volksbildung, 6. 11. 1924, zit. in: Fritz Schimmer: Denkschrift über die Verstaatlichung der Sächsischen Landesbildstelle, [Dresden] [1928], S. 1–2, Archiv Deutsche Fotothek. 8 Zit. nach: [st.]: Sachsens »Bibliothek der Bilder«. Die Landesbildstelle besteht am 8. Oktober 25 Jahre, Sächsisches Tageblatt, Oktober 1949, Archiv Deutsche Fotothek. 9 Vgl. Schimmer, Denkschrift 1928 (wie Anm. 7), S. 3. 10 Vgl. [N. N]: Aus Sachsen. Von der Sächsischen Landesbildstelle, in: Sächsische Staatszeitung, 7. 10. 1926, S. 4. 11 Zit. nach: Schimmer, Bildwart 1927 (wie Anm. 1), S. 226. 12 Vgl. Schreiben Fritz Schimmer an die Landesverwaltung Sachsen, Inneres und Volksbildung, Zentralverwaltung Bildung und Schule, 13. 11. 1945, Hauptstaatsarchiv Dresden (HStA), 11401 Landesregierung Sachsen, Ministerium für Volksbildung, Nr. 243, o. Bl.-Nr. 13 Zit. nach: Schimmer, Bildwart 1927 (wie Anm. 1), S. 223. 14 Zit. nach: ebd. S. 224. 15 Vgl. Schreiben Schimmer, 13. 11. 1945 (wie Anm. 12), Zitat ebd. 16 Vgl. 24. Mitteilungsblatt des Sächsischen Landesverbandes zur Förderung des Bild- und Filmwesens e. V. und der Sächsischen Landesbildstelle, April– Juni 1929, S. 6–7, HStA, 11150 Bezirksschulamt Pirna, Nr. 375, o. Bl.-Nr.

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